Liebe Leser, wissen Sie, ich habe ja nun selbst über ein Jahrzehnt bei Zeitungen und Magazinen im Medienbereich gearbeitet. Und ich verfolge Zeitungen und Nachrichten über fast sechs Jahrzehnte, aber ich bin immer noch von einem Phänomen in seiner Intensität einen Rest verblüfft: dass die Medien immer nur ein Thema richtig umfangreich verfolgen können. Immerhin besteht die Welt doch sicherlich aus mehreren oder gar ganz vielen Entwicklungen, die parallel laufen. Was meine ich damit? Am 20. August 2018, dem ersten Schultag nach den Ferien, saß vor dem Gebäude des Schwedischen Reichstags ein autistisches 15-jähriges Mädchen mit einem selbstgemalten Schild „Skolstrejk…
Autor: Anonymus
Liebe Leser, Hypotheken sind kräftig teurer geworden, das hat fast jeder inzwischen schon mal gehört. Aber um wie viel? Möglich macht eine tägliche Beobachtung die Rendite von Pfandbriefen. Sie zeigt, wie sich der Bankier bei Vergabe eines Baudarlehns mit gleicher Laufzeit, guter Bonität des Schuldners und dessen Immobilie selbst refinanzieren sollte. Natürlich muss er einen Aufschlag draufrechnen, sonst wird seine Mühe und sein Risiko ja nicht belohnt. Der Vorzug dieser Betrachtung über die Pfandbriefrenditen: bei ihnen muss man nicht ewig Daten am Markt sammeln und Konditionen vergleichen, sondern die Bundesbank rechnet einem das jeden Tag aus. Gegenüber dem Tief gegen…
Liebe Leser, vorgestern habe ich hier mit meinen Gedanken zur aktuell diskutierten Inflation begonnen. Das mag dem einen oder anderen mit der Bevölkerungsentwicklung in den wichtigsten Wirtschaftsräumen zu langfristig und zu global vorgekommen sein. Aber es gehört als perspektivische Grundlage meiner Meinung nach dazu. Heute will ich noch mal ein paar unmittelbare Beobachtungen für Euroland nachschieben, damit wir uns gedanklich langsam den Verhältnissen in Deutschland nähern. Ausgangspunkt für eine Inflation ist in den meisten Fällen die Neuverschuldung von Privatleuten und Unternehmen. Warum? Sie sind es, die Waren und Dienstleistungen einkaufen. Und deren Preise machen die Inflationsrate aus. Der Staat ist…
Liebe Leser, ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern können, aber ich habe hier schon verschiedentlich geschrieben, dass es den deutschen Aktienmarkt im Moment gar nicht mehr gibt. Zwischen den Guten und den Schlechten, den Großen und Kleinen, den gerade gefragten und den bei den Anlegern nicht so auf dem Zettel stehenden Titeln existieren gigantische Unterschiede nebeneinander her. Ich habe mal versucht, diese Beobachtung zu quantifizieren. Das Rezept: man nehme den CDAX (Abkürzung für Composite DAX), darin fasst die Deutsche Börse seit dem 17. September 1993 über 300 ganz unterschiedliche Papiere zusammen, die an der Frankfurter Wertpapierbörse im General Standard…
Liebe Leser, jetzt ist wieder die Zeit des Spekulatius angebrochen. Und verzeihen Sie mir den platten Wortwitz, da möchte auch ich in diesen Mails ein wenig spekulieren. By the way: woher der Name des flachen Formgebäck aus gewürztem Mürbeteig in Form von figürlichen Darstellungen stammt scheint nicht recht klar zu sein. Schon bei der Herkunft des Gebäcks geht es mit der Spekulation los, sie wird oft in Belgien und den Niederlanden vermutet. Aber auch andere Regionen wie Niederrhein oder Westfalen erheben teilweise Anspruch, so jedenfalls die allwissende Wikipedia. Nach dem Sprachwissenschaftler Gerhard Wahrig (1923-1978) kommt der Begriff „Spekulatius“ vom Heiligen…
Liebe Leser, viele – auch altgediente Börsenhasen – zeigen sich verwundert, dass trotz Weltkrisen a la Ukraine oder Israel/Gazastreifen diverse Aktienbörsen immer noch in der Nähe ihrer Spitzenstände pendeln. Hauptargumentation, warum das überraschend ist, bei Profis: eigentlich bremsen einige große Notenbanken wie die Federal Reserve in den USA und EZB in Europa doch, gehen die Zinsen hoch und sollte die Liquidität schrumpfen. Das alles ist natürlich auch nicht falsch, vergessen wird nur ein aus meiner Sicht beachtenswerter Aspekt: was für ein außergewöhnlicher Anstieg wegen Corona dazwischen lag und wie wenig davon erst wieder abgeräumt worden ist. Bei der oft zitierten…
Liebe Leser, wirklich extrem überspitzt könnte man die Frage stellen: wohnt man am Ende in Deutschland nur noch in Wohnheimen? Denn das war die einzige Baugattung, in der nach vorläufigen Zahlen von Januar bis August 2023 mit einem Plus 700 Wohnungen mehr als im Vorjahr genehmigt wurden. Alle übrigen Bereiche verzeichneten saftige Einbußen um insgesamt fast 68.000 Wohnungen oder 32 Prozent. Besonders erwischte es dabei die kleineren Projekte: bei Einfamilienhäusern lag das Minus bei 38 Prozent, bei Zweifamilienhäusern gar bei gut 52 Prozent. Bürgerliches Bauen auf Wiedersehen. (Quelle: PM destatis, 18.10.23, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/10/PD23_412_3111.html ) Als Abonnent der Wochenzeitschrift ECONOMIST erhalte ich auch immer…
Liebe Leser, es gehörte – mit Ausnahme wohl der FDP – zu den Herzensanliegen der regierenden Ampelkoalition, den Mindestlohn von zuvor 10,45 Euro auf 12 Euro anzuheben. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Preissteigerungen ergibt der neue Mindestlohn eine Lohnerhöhung um bis zu 22 Prozent“, jubelte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beim Inkrafttreten zum 1. Oktober 2022. Und begeisterte sich, dass damit sechs Millionen Menschen mehr Bares zufließen würde. (Quelle: Arbeitsministerium, https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Mindestlohn/mindestlohn.html ) Kein Cent Mehrkosten für die Regierung, sechs Millionen potentielle Wähler beglückt, klar, dass das die Politiker nicht ruhen lassen würde, den Geldhahn weiter aufzudrehen. Soll der Mindestlohn nach den…
Liebe Leser, mit Argusaugen (geht auf den Riesen Argus der griechischen Mythologie zurück, welcher hundert Augen am Körper hatte) verfolge ich die diversen Preisreihen. Warum? Unter anderem, weil viele aktuelle Konjunkturprobleme von der Bremspolitik der Europäischen Zentralbank herrühren, die den Preissprung nach Beginn des Ukrainekrieges so weit wie möglich korrigieren will. Aber auch speziell die deutschen Preise beachte ich, weil sie zur düsteren Stimmung der Verbraucher beigetragen haben – real weniger im Portemonnaie. In diesem Zusammenhang gab es Montag gute Kunde: erfreulicherweise gehen jetzt die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte zurück, die die Inflation zuletzt am meisten angetrieben hatten. Diese Zahlen hängen…
Liebe Leser, es ist klar, wenn ein Ministerium eine Studie in Auftrag gibt, dann kommt am Ende das eigene Glaubensbekenntnis als Ergebnis raus. So war es denn auch als Agrarminister Cem Özdemir (Jahrgang 1965) letzte Woche seinen diesjährigen „Ernährungsreport 2023“ nebst Meinungsumfrage des Instituts forsa vorstellte. „Es muss natürlich schmecken. Aber für immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher ist das Thema Nachhaltigkeit wichtig: Sie wollen wissen, welche Zutaten im Essen stecken und dass es umwelt- und klimaschonend hergestellt wird“, verriet er der Presse und wollte eine Erkenntnis neben der berühmten Nachhaltigkeit ganz an vorderer Stelle sehen: „Dazu passt, dass Fleisch seltener…