Liebe Leser,
jeden Tag gibt es Neues von der Schlacht um den Bundeshaushalt 2025. FDP-Finanzminister Christian Lindner haut mit Säbeln und Keulen, um die Begehrlichkeiten der Ressorts nach immer neuen Milliarden abzuwehren. Ganz vorne an der Zapfsäule steht Svenja Schulze (Jahrgang 1968), die eher farblose Entwicklungshilfeministerin. Sie ist es gewöhnt, mit einem großen Geldsack um die Welt zu reisen und überall daraus Segnungen zu verteilen.
Da der FDP-Chef angesichts hoher Forderungen der Ressorts und wegen Schuldenbremse ohne neue Kreditreserven 25 Milliarden Euro einsparen muss, kommt ihm der Schulze-Nachschlag von zwei Milliarden besonders ungelegen. Natürlich fallen der Dame jede Menge Gründe für Mehraufwand ein: Geld für den Ukraine-Wiederaufbau, Krisenprävention und -bewältigung in den ärmsten Regionen der Welt und die Versorgung von Flüchtlingen außerhalb Europas. Wo man hingegen sparen könnte, kommt ihr und ihren Ministerialen nicht in den Sinn.
Da springt das alte FDP-Schlachtross und stellvertretender Parteivorsitzender Wolfgang Kubicki (Jahrgang 1952) seinem Kollegen Lindner mit einer Anregung bei, die bei Schulze Schockstarre ausgelöst haben dürfte. In einem Interview schlägt er drastische Einsparungen bei unserer öffentlichen Entwicklungshilfe vor. Die Idee: „Deutschland gibt im Vergleich mit den anderen G-7-Staaten pro Kopf der Bevölkerung und gemessen am Bruttoinlandsprodukt am meisten für Entwicklungshilfe aus.“
Insgesamt waren es 2022 über 33 Milliarden Euro. Würde sich Deutschland den Durchschnitt der Zahlungen der anderen G-7-Staaten zu eigen machen, könne man 20 Milliarden Euro an humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe „quer über die Ressorts einsparen – ohne schlechtes Gewissen“. In der Tat, allein die fünf größten Geber innerhalb der Öffentlichen Hand bringen es schon auf 22 ins Ausland verteilte Milliarden Euro (siehe Tabellenausschnitt).
(Quelle: WELT, 13.5.24, https://www.welt.de/politik/deutschland/article251462648/Haushaltsstreit-Maximal-unserioes-und-aussenpolitisch-extrem-unklug-Gruene-gegen-Kubickis-Sparvorstoss.html?source=puerto-reco-2_ABC-V38.1.B_sameplusquota )
Insgesamt kommen 24 Verteilungstöpfe zusammen auf 34 Milliarden, allen voran Schulzes Ressort. Aber selbst die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) bringt es noch auf einen dafür vorgesehenen Haushaltsposten von 207 Millionen Euro. Wissen Sie nicht, wer das ist? Natürlich die grüne Staatsministerin Claudia Roth Jahrgang (1955), Studienabbrecherin nach zwei Semestern Theaterwissenschaft, Geschichte und Germanistik und zeitweise Dramaturgin an Hoffmanns Comic Theater (HCT) in Unna. Mit so einer Ausbildung steht man in Deutschland für Hochkultur.
Nun mag das mit den 20 Milliarden Einsparungen eine Milchmädchenrechnung sein, denn viele Gelder sind über Zusagen gebunden. Aber Kubickis Begründung entbehrt nicht ganz einem Hauch von Sinnhaftigkeit: „Weil es zunächst darauf ankommt, die deutsche Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, erst dann können wir anderen Ländern helfen.“
Natürlich sieht man all das im Entwicklungshilfeministerium erheblich verkrampfter: „Die Vorstellung, man könnte mal eben 20 Milliarden Euro Entwicklungsgelder einsparen, hat mit der Realität nichts zu tun. Sie würde de facto das Ende der Beteiligung Deutschlands an der internationalen Zusammenarbeit bedeuten – und das in einem Land, das die Hälfte seines Wohlstands mit Export verdient und damit mehr als andere auf gute Beziehungen zur Welt angewiesen ist.“
Und die Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger (Jahrgang 1985) ist ganz auf dieser Linie. Sie hält den Vorstoß des Koalitionspartners für „maximal unseriös und außenpolitisch extrem unklug“. Entwicklungszusammenarbeit in der jetzigen Form sei auch in Deutschlands ureigenem Interesse. Nebenbei: Brugger studierte ab Oktober 2004 im Magisterstudiengang Politikwissenschaft mit den Nebenfächern Philosophie und Öffentliches Recht an der Universität Tübingen, ein Studium, was von ihr nicht beendet wurde. Immerhin, seit 2021 ist sie wieder an der Uni Tübingen im Bachelorstudiengang Politikwissenschaften mit Nebenfach Öffentliches Recht eingeschrieben. Vielleicht wird’s ja diesmal was.
Bei alledem lohnt mal ein Blick auf die globale Entwicklungshilfe insgesamt. Deren Zahlungen werden von einem Ableger der OECD in Paris für jedes Jahr und jedes Geberland berechnet. Da stößt man auf Anhieb auf den Fakt, dass die Entwicklungshelfer alles andere als knauserig sind. Allein zwischen der letzten „Müdphase“ 2001 und dem vergangenen Jahr hat sich die weltweite Hilfe satt vervierfacht. Das entspricht einem jährlichen Zuwachs von fast acht Prozent.
Nun könnte ein schlauer Kopf einwenden: da muss man aber die Inflation abziehen, um beurteilen zu können, was damit wirklich auf die Beine gestellt werden konnte. Natürlich kommt dann weniger heraus. Aber nimmt man – wie von der OECD angeboten – Dollars mit der Kaufkraft von 2022, dann hat sich die Hilfe seit 1997 auch real gut verdreifacht womit noch ein Wachstum von jährlich 5,7 Prozent verbleibt. Solche Raten hat beim heimischen Wirtschaftswachstum kein altes Industrieland geschafft, allenfalls der Jungstar China.
Und da sind wir dann wieder beim Einsparungsstreit Lindner/Schulze um zwei Milliarden. Deutschland ist nach den vier Mal so bevölkerungsreichen USA mit 15 Prozent Anteil das zweitstärkste Geberland der Welt. Wir zahlen die Hälfte mehr als den japanischen Etat und gut doppelt so viel wie etwa Frankreich. Und sind die Japaner und Franzosen als Exportnationen überall geächtet? Schauen Sie sich die Zahlen für das vergangene Jahrzehnt einfach mal für die 10 größten Geber an.. Da liegt Deutschland nicht so schlecht im Rennen. Allenfalls pro Kopf der Bevölkerung können uns Ausnahmen wie Norwegen und Schweden übertreffen.
Generell gesagt: all diese Politiker in Berlin haben nicht gelernt wie Lieschen Müller zu denken – was habe ich zur Verfügung und was kann ich damit machen? Sie stellen nach irgendwelchen Ideen einen Bedarf fest und das Geld muss dann halt herbeigeschafft werden. Deshalb sollte auch um Himmels Willen die Schuldenbremse erhalten bleiben. Denn in eins kann man bei unseren Staatslenkern volles Vertrauen haben: ihre Kreativität beim Ausdenken von wichtigen Aufgaben aller Art.