Liebe Leser,
grundsätzlich sind die US-Bürger immer noch steinreich. Ihr Nettovermögen, also schon nach Abzug von Verbindlichkeiten, entsprach Mitte des Jahres nach dem Flow of Funds-Report der amerikanischen Notenbank 576 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, sprich Bruttoinlandsprodukt. Rein theoretisch könnten die Haushalte damit fast sechs Jahre lang alle Waren und Dienstleistungen erstehen, ohne neue Einkünfte haben zu müssen. Endlich wäre für über ein halbes Jahrzehnt das Paradies wiedererlangt.
(Quelle: Barron‘s, https://www.barrons.com/market-data/stocks/aapl?mod=searchresults_companyquotes&mod=searchbar )
Allerdings ist diese Vorstellung natürlich in mehrfacher Hinsicht eine Fiktion: so könnte man Grundstücke, Aktien oder Anleihen kaum zu den heutigen Preisen gleichzeitig verkaufen und das Gesamtvermögen ist selbstredend nicht gleichmäßig unter der US-Bevölkerung verteilt. Besonders deutlich wird dies an den teuren Lieblingsaktien Amerikas.
So macht der Wert des iPhone-Riesen Apple mit 2.760 Milliarden Dollar auch nach einem kürzlichen Kursrückgang (Chinas Beamte sollen keine iPhones mehr kaufen) noch 1,8 Prozent des gesamten privaten Nettovermögens aus. Anders formuliert: jeder 56-ste Dollar, den die Amerikaner unter dem Strich als ihr Eigen zusammenrechnen können, steckt in einer einzigen Aktie. Beziehungsweise in 15,6 Milliarden Stück von ihnen. Es ist aber sonnenklar, dass man die nicht alle für 175 Dollar pro Titel verkaufen könnte, wenn alle aussteigen wollten.
Insgesamt stecken knapp 26 Prozent aller Vermögenswerte der US-Haushalte derzeit in Aktien. Das ist überdurchschnittlich viel, seit dem Zweiten Weltkrieg waren es gewöhnlich nur 16 Prozent.
Gute Zeiten für Aktien sind normalerweise ein Bremsklotz für den Immobiliensektor. Die Haushalte halten sich dann oft beim Hauskauf zurück, wenn an der Börse der schnelle Dollar gemacht zu werden scheint. Wobei die Immobilien im Moment ihre traditionelle Stellung als wichtigste Geldanlage knapp verteidigen können.
Das derzeitige Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Immobilie und Aktie in den USA ist etwas völlig anderes als in Deutschland. Belastbare Zahlen sind hierzulande in dieser Hinsicht rar, aber das Backstein- und Betonvermögen der Privaten dürfte bei uns eher die Hälfte und die Aktienanlage nicht einmal ein Zehntel des Vermögens ausmachen. Eine völlig andere Anlagewelt.
Die höheren Zinsen in den USA haben bislang noch nicht zu einem Ansturm auf die Zinsanlage geführt. Sie machen sich erst sehr vorsichtig in einer Verlagerung von den auf kurzfristige Papiere spezialisierten Geldmarktfonds zu längerfristigen Renditepapieren bemerkbar. Klar, manch einer will sich jenseits des Ozeans das heutige Zinsniveau für eine Weil einloggen, weil er offenbar nicht mehr mit einem starken weiteren Zinsanstieg rechnet.
Themenwechsel. Wer die folgenden Zeilen missversteht, der will sie – aus welchen Gründen auch immer – missverstehen. Vorab aber noch mal zur absoluten Sicherheit: mir ist völlig schnurz, an was für eine Religion einer glaubt. Ich für meinen Teil glaube an gar keine menschenerfundene, aber das ist mein Ding und so halte ich es umgekehrt mit anderen. Meine Geduld endet in dieser Hinsicht jedoch, wenn die anderen versuchen, zu ihrer Religion keine Diskussion mehr zuzulassen und dabei selbst vor Gewalt nicht zurückschrecken.
Der aus den Tagesschau auch optisch bekannte Sprecher, Journalist und Islamkenner Constantin Schreiber (Jahrgang 1979) ist mit seinen Ansichten offenbar Anhängern des Islam auf die Füße getreten. Der Fall: Schreiber war am 29. August bei einer Diskussion an der Uni Jena von einem linken Aktivisten eine Torte ins Gesicht gedrückt worden. Zuvor war er unter anderem von einem Taxifahrer vor seiner Haustür bedroht worden. Die Tortenaktion bezeichnete er als „kindischen Akt und irgendwie auch ein Versuch, Aufmerksamkeit zu erregen“. Hier wird der Eingeladene mit einer launigen Einlage begrüßt.
(Quelle: WELT, 14.9.23, https://www.welt.de/politik/deutschland/article247449126/Nach-Angriff-Tagesschau-Sprecher-Schreiber-will-sich-nicht-mehr-zum-Islam-aeussern.html )
Kann im heutigen aufgeheizten Klima Deutschlands passieren, wo jeder glaubt, seine – natürlich richtige – Meinung allen anderen aufzwingen zu können – siehe Klimakleber, die jetzt ad infinitum protestieren wollen bis ihre Forderungen erfüllt sind. Außerdem ist es ja mit Sahnetorte eine vergleichsweise „weiche“ Protestform. Besonders schmerzlich aber empfand Schreiber es, dass sich danach niemand von der Universität oder auch der moderierende Journalistenkollege für ihn einsetzte. Die Gruppe „Undogmatische Radikale Linke“ blieb völlig ungerüffelt.
Besonders empörte Schreiber, als er hörte, dass die Uni schon Tage vorher von den Protesten wusste. Auch unter Journalistenkollegen spüre er schon „eine Vorsicht, wenn es um polarisierende Debatten geht“. Ihn stört vor allem, dass bei vielen nur hängen bleibe: der ist islamfeindlich oder islamkritisch und das ist ein Grund besser Abstand zu halten, ohne die Argumente selbst zu wägen.
Desillusioniert meinte er, er sei in den Journalismus gegangen, weil er Spaß an Debatten habe. „Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass ich irgendwann in Diskussionen hineingezogen werde, die so toxisch sind, dass sie dann auch ins wirkliche Leben schwappen.“ Offenbar sitzt der Frist tief, denn „da habe ich einfach gesagt, nee, das will ich nicht, ich will diese Negativität in meinem Leben nicht“, so Schreiber.
„Ich werde mich zu allem, was mit dem Islam auch nur im Entferntesten zu tun hat, nicht mehr äußern. Ich werde keine Bücher dazu schreiben, ich lehne Talkshow-Anfragen ab, ich mache das nicht mehr“, resigniert er in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“ kleinlaut. Wohl wissend, dass er damit den radikalen Kritikern das Feld überlässt: „Da mögen jetzt manche feiern und vielleicht die Schampusflaschen aufmachen. Ob das ein Gewinn ist für die Meinungsfreiheit und für den Journalismus, ist eine andere Frage.“
Wenn das die Rücksicht auf alle und jeden ist, die überall in linken und grünen Kreisen so vehement gefordert wird, dann aber gute Nacht. Und ich würde so ein Verhalten auch mit meinen bescheidenen Mitteln zu rügen versuchen, wenn es nicht um den Islam, sondern um Christentum, Buddhismus, Veganer oder Kleintierzüchter geht. Falls einer aus Angst vor Repressalien sich nicht mehr zu diskutieren traut, liegt der Verdacht nahe, dass da was faul sein muss.