Liebe Leser,
oft taucht die Diskussion auf, ob deutsche Unternehmen im internationalen Vergleich mit zu hohen Steuern belastet sind. Die Brüsseler EU-Kommission hat für ihren Arbeitsbereich nachgerechnet. In der gesamten EU mit ihren 27 Mitgliedern liegt die Steuerlast im Schnitt bei knapp 19 Prozent, bei uns hingegen bei 28,8 Prozent. Aber im Durchschnitt sind auch Billigsteuerländer a la Bulgarien (neun Prozent) enthalten.
Interessant: der große Konkurrent auf der anderen Rheinseite Frankreich lag bis 2016 erheblich über den deutschen Werten, ist jedoch nach mehreren Anpassungen inzwischen etwa um ein Zehntel günstiger als wir. Spanien liegt etwa gleich mit uns, Italien mit 23,9 Prozent noch einmal vorteilhafter für Steuervermeider als Frankreich.
(Quelle: EU, https://taxation-customs.ec.europa.eu/system/files/2023-03/effective-tax-rates.xlsx )
Verwendet wurden nicht echte Zahlen, sondern nach Größe, Bilanzstruktur und Verschuldung standardisierte Unternehmen, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Angesichts der Ergebnisse mag manch Unternehmer denken: Lindner übernehmen sie!
Themenwechsel. Spektakuläres Gerangel in der Welt der „Social Media“. Der Meta-Konzern, bekannter unter dem alten Namen „Facebook“, greift den Platzhirsch Twitter an, den sich die Elektroautolegende Elon Musk (Jahrgang 1971) letztes Jahr für stolze 44 Milliarden Dollar unter den Nagel gerissen hatte. Anschließend schmiss der Tesla-Multi-Milliardär tausende von Twitter-Angestellten raus, um dem Dienst wenigstens eine vage Chance zu geben, die Transaktion auch wert zu sein.
Erst sprangen viele Werbetreibende bei Twitter ab, weil sie mit der krass ausgedünnten Belegschaft nicht mehr sicher waren, dass das Umfeld für ihre Anzeigen noch stimmen würde. Am Samstag jammerte Musk auf seinem Twitter, dass die Werbeeinnahmen um die Hälfte eingebrochen seien und er von einem positiven Cash Flow bei Twitter weit entfernt wäre. Nun kommt auch noch plötzlich ein starker Konkurrent von Mark Zuckerbergs (Jahrgang 1984) Meta-Konzern an den elektronischen Markt: „Threads“.
(Quelle: David French, NYT, 13.7.23, https://www.nytimes.com/2023/07/13/opinion/twitter-new-right.html und: SPIEGEL, 14.7.23, https://www.spiegel.de/netzwelt/web/threads-beim-twitter-konkurrent-geht-fuer-deutsche-nutzer-fast-gar-nichts-mehr-a-2c07d93c-63e9-4b54-9cc3-c0a803a0fae2 und: SPIEGEL, 15.7.23, https://www.spiegel.de/wirtschaft/twitter-werbeeinnahmen-um-50-prozent-eingebrochen-a-722501df-1207-4e83-ae01-7767fad6bc40 )
Eine Premiere der Sonderklasse: innerhalb von zwei Stündchen hatte der neue Dienst zwei Millionen angemeldete Nutzer. Schon am nächsten Tag posaunte Zuckerberg stolz 30 Millionen in die Internetwelt. Kommentatoren wie Mike Isaac von der New York Times sprachen daraufhin davon, dass sich Threads die „Krone der am schnellsten wachsenden App aller Zeiten“ aufgesetzt habe. Inzwischen spricht man von 100 Nutzern des Twitter-Konkurrenzprodukts. Gleichzeitig beobachten Marktkenner einen deutlichen Rückgang beim Traffic auf Twitter. Nun ja, woher sollen die Threads-Kunden auch sonst kommen?
Dabei scheint Meta in Europa wegen der strengen Datenschutzrichtlinien der EU den Zugang eher zu bremsen oder gar zu verhindern. Jedenfalls berichten verschiedene Beobachter, dass es nicht mehr wie bisher mit Tricks so richtig klappt, sich in das neue Threads einzuklicken. Der Rest der Welt, über 100 Länder, probiert den neuen Dienst nun aus. Und er scheint für Twitter gefährlich zu sein, denn mit dem Start über Metas Instagram hat die App einen Vorsprung vor anderen Twitter-Alternativen. So können Instagram-Nutzer bei Threads zum Beispiel ihren Benutzernamen verwenden. Generell kann man bei Threads Textbeiträge mit bis zu 500 Zeichen sowie Fotos und Videos mit einer maximalen Länge von fünf Minuten teilen.
(Quelle: Threads, https://threads.com/ und CHIP. 14.7.23, https://www.chip.de/news/Threads-Neue-Instagram-App-schon-jetzt-in-Deutschland-nutzen_184861338.html )
Drei Fragen bewegen die Kommentatorenwelt derzeit besonders: Wird Threads zu einer echten Twitter-Alternative? Fällt der erfolgsverwöhnte Elon Musk mit seinem Twitter-Engagement nun mal richtig auf die Nase? Kommen EU-Bürger doch noch an den neuen Dienst? Wir werden sehen.
Nachtrag. Nachdem ich letzten Dienstag und Donnerstag über die Diskussion um Hitzetote geschrieben habe, fragten mich einige Leser, wie viele Kältetote es denn in Deutschland geben würde. Natürlich kann ich Ihnen die Antwort auch in größerer Runde nachliefern. Nach der offiziellen „Gesundheitsberichterstattung des Bundes“ waren das 2021, im letzterreichbaren Jahr: 31. Für den ganzen Zeitraum in dem dies ausgewiesen wird starben von 1998 bis 2021 im Schnitt jährlich 35 Bundesbürger an Kälte. Das letzte Spitzenjahr in dieser traurigen Hinsicht war mit 61 Opfern 2010, die absolute Spitze 1998 mit 91 Toten.
(Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Sterbefälle 2021, https://www.gbe-bund.de/gbe/!pkg_olap_tables.prc_set_page?p_uid=gast&p_aid=52554112&p_sprache=D&p_help=2&p_indnr=6&p_ansnr=35008121&p_version=15&D.000=3740&D.001=1000001&D.002=1000002&D.003=1000004&D.004=1000006&D.011=44302 )
Den folgenden Text hat mir ein netter Leser zugeschickt.
Mit diesem humorvollen Ausklang einen guten Start in die Woche