Liebe Leser,
im ganzen Schwall sogenannter Executive Orders von Donald Trump ist eine etwas untergegangen, die indes immerhin eine Millionen Bundesbedienstete betrifft: „Return to In-Person Work“ vom 20. Januar. Übersetzt heißt es darin kurz und deutlich: „Die Leiter aller Abteilungen und Behörden in der Exekutive der Regierung sollen so bald wie möglich alle notwendigen Schritte unternehmen, um die Vereinbarungen zur Fernarbeit zu beenden und die Mitarbeiter aufzufordern, wieder persönlich an ihrem jeweiligen Dienstort in Vollzeit zu arbeiten, vorausgesetzt, dass die Abteilungs- und Behördenleiter die von ihnen für notwendig erachteten Ausnahmen zulassen.“
(Quelle: White House, https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/return-to-in-person-work/ und: Forbes, 22.1.25, https://www.forbes.com/sites/rachelwells/2025/01/22/trump-signs-rto-order-whats-happening-to-remote-jobs-in-2025/ )
Trumps Executive Order könnte potenziell 1,1 Millionen Bundesbedienstete betreffen, die bisher Anspruch auf Fernarbeit haben, das ist knapp die Hälfte aller Regierungsangestellten. 228.000 von ihnen arbeiten bereits vollständig von zu Hause aus, wie aus dem Bericht des Office of Management and Budget (OMB) an den Kongress vom August 2024 hervorgeht. Ziel des Vorhabens ist: die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst soll dauerhaft reduziert werden. Bis 2026 sollen die Kosten und der Ressourcenaufwand in allen Regierungsbehörden drastisch sinken. Aber dazu müssen die Verbleibenden so effizient wie möglich arbeiten.
Tatsächlich erklärte der Tech-Mogul Elon Musk, der die Operation leitet, kürzlich in einem Leitartikel des Wall Street Journal zusammen mit Vivek Ramaswamy, dass „die Verpflichtung von Bundesangestellten, fünf Tage die Woche im Büro zu erscheinen, wohl zu einer Welle freiwilliger Kündigungen führen wird, die wir begrüßen“, und verwies auf die Gesetzeslücke im Beamtenschutz, die „Personalabbau ermöglicht, der nicht auf bestimmte Angestellte abzielt. „Wenn Bundesangestellte nicht erscheinen wollen, sollten die US-Steuerzahler sie nicht für das Privileg bezahlen, in der Covid-Ära zu Hause bleiben zu dürfen.“.
(Quelle: Pew Research, 13.1.25, https://www.pewresearch.org/short-reads/2025/01/13/many-remote-workers-say-theyd-be-likely-to-leave-their-job-if-they-could-no-longer-work-from-home/ )
Musk und der Öffentliche Dienst stehen mit ihren Drohungen an die Home-Officer nicht alleine. Auch Großunternehmen wie Amazon sagt man nach, solche stillen Entlassungen anzustreben, um die Effizienz zu steigern. Eine aktuelle Umfrage von ResumeTemplates unter 1.000 US-Managern ergab, dass „45 Prozent der Unternehmen 2025 mit Entlassungen rechnen, wobei viele wirtschaftliche Bedenken, KI-Automatisierung und die Politik der Trump-Regierung als Einflussfaktoren nennen.“ Darüber hinaus stellte eine Umfrage des Pew Research Center (siehe oben) fest, dass fast die Hälfte (46 Prozent) der Telearbeiter erklärt, sie würden ihren Job aufgeben, wenn sie nicht mehr von zu Hause aus arbeiten dürften. Deutliches Altersgefälle dabei: bei den Arbeitnehmern unter 50 sind es 50 Prozent, bei den älteren nur 35 Prozent.
Auch in Deutschland wird diskutiert, ob die Mischung aus hohem Krankenstand, langer Urlaubsdauer und Home-Office die Effizienz der Büromenschen nicht einschränkt? Allerdings läuft die Entwicklung hierzulande genau in die andere Richtung. Als am Freitag die erste Runde in den Tarifverhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen ergebnislos vertagt wurde, lag eine Forderung von ver.di und dem Beamtenbund auf dem Tisch, die neben den üblichen anspruchsvollen monetären Aspekten drei zusätzliche freie Tage vorsieht, „um der hohen Verdichtung der Arbeit etwas entgegenzusetzen“. Für mehr Zeitsouveränität soll zudem ein „Meine-Zeit-Konto“ sorgen, über das Beschäftigte selbst verfügen können.
(Quelle: ver.di, PM, 24.1.25, https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++42736492-da6e-11ef-8509-937fe2dfd641 )
Themenwechsel. „Europa darf den globalen Wettbewerb nicht verlieren. Es darf nicht zu einem Kontinent der naiven Menschen und Ideen werden“, redete der polnische Ministerpräsident und für ein halbes Jahr EU-Ratspräsident, Donald Franciszek Tusk (Jahrgang 1957), letzte Woche den Abgeordneten des EU-Parlaments in Straßburg ins Gewissen. Denn: „Wenn wir bankrottgehen, wird sich niemand mehr für die Erhaltung der Umwelt auf der Erde interessieren.“ Deswegen forderte Tusk die Parlamentarier auf, eine „vollständige und sehr kritische Überprüfung“ aller Green-Deal-Gesetze vorzunehmen.
Neben seinem anderen beiden Kernthemen Sicherheit und Migration sieht der Pole in einer Anpassung des Green Deals seine Hauptaufgabe. Und schloss in der Rede: „Unsere Zukunft liegt in unseren Händen, nicht in denen der Chinesen oder Amerikaner, und wir sollten keine Angst haben.“ In der anschließenden Debatte folgten auch mehrere Parlamentsmitglieder Tusks Wunsch laut offizieller Zusammenfassung, „dass die Bürger Zugang zu erschwinglicher Energie haben“.
(Quelle: merkur, 23.1.25, https://www.merkur.de/politik/klimaschutz-droht-eiszeit-tusk-wettert-gegen-energiepreise-in-eu-doch-green-deal-wirkt-zr-93531672.html und: https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20250116IPR26327/debatte-mit-premier-tusk-uber-prioritaten-der-polnischen-ratsprasidentschaft und: https://www.sueddeutsche.de/politik/tusk-polen-eu-russland-li.3187399 )
Viel Aufmerksamkeit erregt hat die Rede in deutschen Medien nicht. Einzig der Süddeutschen Zeitung war sie unter den bekannteren Blättern einen Artikel wert, aber darin wurde die Kritik am Green Deal buchstäblich nur im letzten Satz erwähnt: „Diese Legislatur müsse ‚eine der Deregulierung‘ werden, fordert Tusk, die Energiepreise müssten sinken und die Umwelt- und Klimavorschriften überprüft werden.‘ “ Wohl kein Zufall, denn in den Redaktionsstuben sitzen Journalisten, die den Green Deal als so etwas ansehen wie einst im Alten Testament beschrieben: „Als nun Mose vom Berge Sinai herabstieg, hatte er die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand und wusste nicht, dass die Haut seines Angesichts glänzte, weil er mit Gott geredet hatte.“ 2. Mose 34, (29).
(Quelle: Grüne, https://www.gruene.de/artikel/zusammen-wachsen#Download%20Wahlprogramm )
Last not least noch eine simple Anmerkung: „Wir sorgen für gute Löhne und dafür, dass die Reichsten sich nicht aus der Verantwortung für unser Gemeinwohl stehlen können“, das steht so im Walprogramm unserer grünen Freunde, die am Sonntag einen Parteitag abhielten. So wie die Neider immer wieder die selben Behauptungen aufstellen, wiederhole ich dann halt die dazugehörigen Zahlen. Nach der letzten Steuerstrukturberechnung von 2020 (die Steuererklärungen müssen halt erst mal vom Finanzamt abgearbeitet sein) zahlte das eine Prozent der höchsten Einkommensbezieher 18 Prozent aller Lohn- und Einkommensteuern. Nimmt man das obere Fünftel der Gutverdiener, sind es schon 57 Prozent. Hingegen blecht die untere Hälfte der Einkommen nur vier Prozent aller Steuereinnahmen. Welche Reichen stehlen sich den nun aus dem Gemeinwohl? Das Ganze hat natürlich Methode: so soll der Eindruck entstehen, überall könnte man großzügig Geld ausstreuen und eine extreme Minderheit müsste das alles bezahlen.
Dazu passend das „geschmackvolle“ Wahlplakat unserer linken Freunde, das ein Mailleser fotografiert hat. Untergrenzen in der politischen Diskussion scheint es gar nicht mehr zu geben.