Liebe Leser,
egal wo man in Deutschland hinhört, im Moment lassen alle Unternehmer die Köpfe hängen. Im provinziellen nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern kam bei einer Umfrage des Landesbauverbandes heraus, dass zwei Drittel der befragten Unternehmen für die kommenden drei Jahre mit einem schrumpfenden Geschäft rechnen. Die Bauleute im Südwesten erwarten nach Verbandspräsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg Markus Böll in diesem Jahr keine Kehrtwende. „Im Wohnungsbau wird sich die Talfahrt fortsetzen“, so Böll in Stuttgart.
Und die Baubranche steht da längst nicht allein. Die Schwächephase der Gesamtwirtschaft wird sich nach Einschätzung der Bundesbank bis ins laufende Jahr ziehen. „Auch im ersten Vierteljahr 2025 dürfte es der deutschen Wirtschaft noch nicht gelingen, sich aus der lang anhaltenden Stagnationsphase zu befreien“, heißt es im gerade erschienenen Monatsbericht. Und selbst der geraume Zeit auf der Sonnenseite liegende Arbeitsmarkt zeigt jetzt erste Ermüdungserscheinungen.
(Quelle: https://www.stern.de/gesellschaft/regional/mecklenburg-vorpommern/baukonjunktur–gedaempfte-stimmung-in-der-bauwirtschaft-35380160.html und: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/konjunktur-bauwirtschaft-rechnet-mit-weiterem-krisenjahr-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-250122-930-351734 und: https://www.wiwo.de/unternehmen/konjunktur-bundesbank-schwaeche-der-deutschen-wirtschaft-haelt-an/30178566.html und: https://publikationen.bundesbank.de/publikationen-de/berichte-studien/monatsberichte/monatsbericht-januar-2025-948436?article=kurzbericht-konjunkturlage-948440 )
Wer heute als ökonomisch halbwegs versierter Mensch in Deutschland noch einen Hauch von Optimismus erkennen lässt, gilt rasch als unverbesserlicher Schönfärber. Wahl hier, Trump dort, Taiwan, Ukraine, Gaza, der Deutschen Sorgen sind überall. Und tatsächlich – wer immer daran schuld sein mag, Weltlage oder Regierung – erging es der Wirtschaft hierzulande in Ampelzeiten nicht allzu gut. Von einem letzten Höchst 2021 bis in die Tiefen vor wenigen Monaten ging es bei den Auftragseingängen um über ein Fünftel bergab. Wer etwas Zuversicht bewahrt hat: in letzter Zeit scheint sich da eine gewisse Stabilisierung abzuzeichnen, jedenfalls ist der Rückgang erst mal gestoppt.
Ganz wesentlich mit verantwortlich für den Einbruch ist der Fahrzeugbau gewesen. Dort liegt die heimische Produktion nach vielem Hin und Her wieder auf dem Stand, den sie erstmals 2002 erreicht hatte, das ist immerhin mehr als zwei Jahrzehnte her. Dazwischen: Finanzkrise, Abgasprobleme, Corona, Ukrainekrise. In den letzten Abschwung mischten sich dann auch Sorgen um die Konkurrenzfähigkeit der Fahrzeuge und den Absatz in China. Alle deutschen Hersteller versuchen daher auf die Kostenbremse zu treten – siehe VW unlängst.
Wobei nach dem ganzen Getöse in Wolfsburg vor Weihnachten nach 70 Verhandlungsstunden keine durchgreifende Verbesserung der Standortfrage heraus kam. Die Beschäftigten verzichten auf die von der IG Metall vereinbarten Lohnerhöhungen und ein wenig Schnickschnack wie etwa erhöhte Urlaubsgelder, aber dafür bleiben alle VW-Werke erhalten, auch wenn sie teilweise nur eine lächerliche Auslastung vorweisen können. Die Friede-Freude-Eierkuchen-Haltung hat sich bei VW wieder mal – nicht zuletzt unter tätiger Mithilfe der Politik (Großaktionär Niedersachsen) – durchgesetzt. Ob man diese Aktie haben muss, sollten Sie sich reiflich überlegen.
(Quelle: IG Metall, 20.1.25, https://www.igmetall.de/tarif/tarifrunden/tarifrunde-volkswagen-2024 )
Aber selbst im gebeutelten deutschen Fahrzeugbau sah es zuletzt doch nach einer Stabilisierung aus: jedenfalls ging der Auftragsbestand im vergangenen Jahr nicht mehr zurück.
Der Branchenverband VDA meldet für das abgelaufene Jahr 2024 aus den Autofabriken durchwachsene Zahlen. Zwar konnte mit 4,1 Millionen von den Bändern gelaufenen Pkw das Vorjahresergebnis wieder erreicht werden, aber das lag immer noch 12 Prozent unter dem bisherigen Höchststand 2019. Und im Dezember produzierte man mit 232.900 Einheiten ein Zehntel weniger als im Schlussmonat 2023. Interessanterweise liefen die so in Verruf gekommenen heimischen E-Autos gar nicht so übel wie man meinen könnte. In den ersten 11 Monaten 2024 wurden fast 1,3 Millionen Elektro-Pkw hergestellt, bereits mehr als im Gesamtjahr 2023. Damit zeichnet sich für 2024 ein neuer E-Produktionsrekord ab. Allerdings schwächelten dabei die Zulassungen auf dem Heimatmarkt ziemlich: alle alternativen Antriebe hatten ein kleines Minus zu vermelden. Wobei die tonangebenden Hybride fast 13 Prozent zulegten, während reine Stromer 27 Prozent weniger verkauft wurden.
(Quelle: VDA, https://www.vda.de/de/presse/Pressemeldungen/2025/250106_PM_Nationale_PM_Pkw-Produktion_in_Deutschland_im_Dezember_2024 )
Weniger gut sieht es im Export aus. 2024 gingen knapp 3,2 Millionen Pkw aus deutschen Werken an Kunden in alle Welt, zwei Prozent mehr als 2023. Damit lag die Ausfuhr aber immer noch um neun Prozent unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019, im Vergleich dazu fehlen immerhin rund 300.000 Wagen. Und im Dezember, kein gutes Omen, schlaffte der Export im Vorjahresvergleich um neun Prozent ab. In der Pkw-Ausfuhr sind auch die größten Sorgenkinder beheimatet: der immer härtere Konkurrenzkampf in China mit heimischen Anbietern und die Trumpsche Zolldrohung für Auslandsprodukte.
Themenwechsel. „Wir wollen Menschen entlasten, ihre soziale Sicherheit stärken und das Leben bezahlbar machen: Dazu gehören unter anderem bezahlbarer Wohnraum, faire Löhne, erschwingliche Strompreise und günstige Bahnreisen“, auf diese Vorhaben soll ein Wahlplakat der GRÜNEN aktuell bis zum 23. Februar hinweisen. Mal ganz davon abgesehen, dass die Grünen mit dabei waren, also sich der Wohnungsbau in der Ampelzeit fast halbiert hat, die Löhne die Tarifpartner aushandeln und nicht die Grünen und die Idee mit den günstigen Bahnreisen („Deutschlandticket“) den Steuerzahler jährlich drei Milliarden Euro verschlingt. Alle zahlen also dafür, dass die Bahnnutzer billiger umherreisen können.
(Quelle: Grüne, https://www.gruene.de/artikel/unsere-motive-zur-bundestagswahl-2025 und: https://www.deutschlandfunk.de/deutschlandticket-finanzierung-kosten-bilanz-100.html#:~:text=Mit%20dem%20Ticket%20will%20die,58%20Euro%20(bisher%2049). )
Aber mir geht es jetzt um was anderes, die billigen Strompreise. Knapp zwei Jahre ist es her, da freute sich die grüne Bundestagsfraktion noch über den Plan, Energie zu verteuern. Ich zitiere einfach mal aus einer Meldung der Fraktion „Emissionshandel deutlich ambitionierter“ vom 26. April 2023, Zunächst erklärt man da, um was es geht: „Der EU-Emissionshandel ist das Herzstück europäischer Klimapolitik. Im ETS werden Berechtigungsscheine für den Ausstoß von CO2 (CO2-Zertifikate) gehandelt. Die Anzahl der Zertifikate ist begrenzt, sie können ersteigert und dann von den Marktteilnehmenden weiter gehandelt werden. So entsteht ein Marktpreis für CO2. Aktuell liegt er im ETS bei 85 Euro pro Tonne.“
Und nun der stolze Erfolgsbericht: „Bislang gilt er aber nur für die Energiewirtschaft und die Industrie, wodurch etwa 40 Prozent aller Emissionen in der EU abgedeckt sind. Durch die Reform wird der Emissionshandel verschärft und damit wirksamer für den Klimaschutz. Überschüssige Zertifikate werden gelöscht und auch langfristig werden die Emissionsrechte schneller reduziert.“ Und noch mal im Folgetext in aller Klarheit: „So wird der Preis für die Zertifikate steigen und die tatsächlichen Kosten der CO2-Emissionen für Gesellschaft und Planet besser darstellen.“
Man war also in Grünenkreisen sichtlich froh darüber, dass die Energiekosten steigen würden, um „die tatsächlichen Kosten der CO2-Emissionen für Gesellschaft und Planet besser darzustellen“. Jetzt will man den Wählern helfen, die höheren Kosten zu schultern. Was denn nun?
(Quelle: boerse.de, https://www.boerse.de/rohstoffe/Co2-Emissionsrechtepreis/XC000A0C4KJ2 )
Geklappt hat die Verteuerung der Zertifikate übrigens nicht, aber das hängt mit der dauerhaft flauen Konjunktur zusammen (siehe oben), da werden weniger Zertifikate benötigt.