Liebe Leser,
inzwischen liegen vom Bundesverband der Investment und Asset Management (BVI) die Performancezahlen der Investmentfonds 2024 vor. Unter den in Deutschland aktiv gemanagten Aktienfonds lag der beste, der bei der größten heimischen Fondsgesellschaft DWD beheimatete Noris-Fonds, bei einem Plus von stolzen 18,2 Prozent. Er wurde allerdings von einem ETF, dem iShares DAX SG UCITS, noch leicht mit 18,7 Prozent abgehängt. Dabei war die Leistung der DWS-Senior-Managerin Sylwia Szczepek sehr passabel, denn sie musste statt der 0,12 Prozent Verwaltungskosten des ETF weit höhere 1,36 Prozent aufholen. Wären die gleich gewesen, hätte sie besser als der ETF abgeschnitten, aber das ist dem Anleger ja weitgehend egal.
Der Fonds gehört mit Erstauflage am 3. Dezember 1970 zu den Methusalems der Branche, ist mit knapp 60 Millionen Euro Volumen nach Branchenmaßstäben jedoch klitzeklein. Ende November hütete er 71 Aktien mit einem durchschnittlichen Börsenwert von je 373 Milliarden Euro, vor allem in Deutschland (46,4 Prozent des Fondsvolumens) und den USA (42,5 Prozent). Sylwia setzt dabei auf die üblichen, großen Verdächtigen: ganz an der Spitze SAP, die Google-Mutter Alphabet, die Allianz, Deutsche Telekom und Siemens. Allein auf dieses Quintett entfielen 27 Prozent des Fondsvolumens.
Nun ist ein Jahresergebnis immer so eine Sache, ich würde da lieber einen mittelfristigen Vergleich heranziehen, weil bei ihm Zufälle oder schlicht Glück geringer ins Gewicht fallen. Ein Fünfjahreszeitraum scheint mir recht gut angemessen. Und in dem liegt der Noris sogar an der Spitze. Tolle 10,6 Prozent Performance konnten jährlich im Schnitt erzielt werden, über Höhen und Tiefen ein vorzeigbares Ergebnis.
Wie breit das Spektrum dabei ist, zeigt just ein anderes Produkt aus dem Hause des Branchenführers DWS. Der „DWS German Small/MidCap LD“ mit der Wertpapierkennnummer 515240 musste im gleichen Zeitraum ein durchschnittliches Jahresminus von 1,6 Prozent hinnehmen. Die Hälfte davon entfiel auf die Kosten (0,8 Prozent), der Rest auf das Anlage„ergebnis“. Der Fonds hatte auch wirklich – wie im Namen versprochen – auf kleine und mittlere deutsche Aktien gesetzt. Sein Quintett der stärksten Positionen war Ende Dezember Scout24, Knorr-Bremse , GEA Group, Redcare Pharmacy (Shop Apotheke) und TUI, die es am Jahresschluss zusammen auf 17 Prozent des Fondsvermögens brachten. Abgegeben zu haben scheint er Delivery Hero, die Ende November noch in der Spitzengruppe auftauchten und Auto 1 Group.
(Quelle: DWS, https://www.dws.de/aktienfonds/de0005152409-dws-german-small-mid-cap-ld/ und: https://www.linkedin.com/in/leon-cappel-854992161/?originalSubdomain=de )
So einen Fonds zu verwalten kostete mit 1,39 Prozent ähnlich viel wie beim erfolgreichen Noris-Kollegen. Allerdings hatte der Anleger bei ihm beim Kauf noch einen im Branchenvergleich üppigen Ausgabeaufschlag von fünf Prozent zu verkraften, was über kürzere Anlageperioden natürlich schon reinhaut. Der Noris nimmt für den Vertrieb übrigens „nur“ drei Prozent. Leon Cappel verwaltet das unglückliche Vehikel seit Juli 2022 und hat eine schwierige Zeit für die Papiere unterhalb des DAX erwischt. Allein 2024 musste er ein Performanceminus von 5,7 Prozent hinnehmen. Mit immer noch 194 Millionen Euro Vermögen ist der Fonds drei Mal so groß wie der Erfolgskollege.
Themenwechsel. Dass ich mal der Königin der Talkshows, der ganz linken Sahra Wagenknecht (Jahrgang 1969), in einer Aussage beipflichten könnte, hätte ich auch nicht gedacht. Aber nach ihrem Jubel-Bundesparteitag des Bundes Sahra Wagenknecht (BSW) am Wochenende erklärte sie im „Deutschlandfunk“: „Wir sehen, dass die Parteien sich als Retter der Nation inszenieren. Dabei sind sie diejenigen, die uns in die Misere geführt haben.“ Und ergänzte: „Viele Dinge funktionieren in Deutschland nicht mehr“, das beunruhige die Menschen und mache vielen Angst.
Da hat sie ja nicht völlig Unrecht: in den letzten Jahrzehnten waren außer der AfD und der LINKEN alle größeren Parteien mal an der Regierung oder gehörten ihr zumindest an. Die CDU und SPD waren sogar fast lückenlos als Kanzler oder Vizekanzler vertreten, es gab allein 16 lange Schlummerjahre mit Angela Merkel (mein Jahrgang: 1954). Wenn also heute einige Schwächen des Landes zutage treten, dann kann im politischen Berlin keiner sagen, damit hätte er parteipolitisch nichts zu tun. Das ist es meines Erachtens auch, was die Wähler so nervt: mehr als eine neue Kombination aus den altbekannten Gesichtern ist auch nach dem 23. Februar wenig realistisch, egal wohin sie das Kreuzchen machen. Und so mancher hat das Gefühl, man könne nur das geringere Übel wählen.
Einem Mailleser zur Erleichterung: der – allerdings nicht sonderlich angesehene – Meinungsforscher YouGov hat als einzige Umfrageinstitution am 8. Januar die FDP wieder bei fünf Prozent gesehen. Bei allen übrigen Befragern rangiert sie zwischen drei (Forsa) und vier Prozent (alle sonst). YouGovs Umfrageergebnisse gingen oft recht gnädig mit den Liberalen um, lagen im Juli letzten Jahres sogar bei sechs FDP-Prozenten.
(Quelle: https://www.wahlrecht.de/umfragen/ )
Ich bin auch in dieser Hinsicht ein Außenseiter: auch wenn ich den Parteichef Christan Lindner (Jahrgang 1979) in der FDP für überschätzt halte und an seiner Stelle lieber jemand anderes sehen würde, glaube ich an einen knappen Wiedereinzug in den Bundestag. Vermutlich gibt es doch noch ein paar Sentimentale, die den Liberalismus nicht endgültig begraben sehen wollen. Und wenn es nicht klappt, dann gibt es wenigstens einen schwachen Trost, dann könnte selbst in der in dieser Hinsicht trägen FDP eine Palastrevolution Lindner abservieren. Man würde dann ja auch eigentlich nur dem Wahlslogan der FDP folgen.
(Quelle: FDP, https://www.fdp.de/ )
Blick zurück auf Lindner: im November 2013 flog die FDP mit nur noch 4,8 Prozent aus dem Bundestag. Guido Westerwelle (1961-2016) hatte 2009 die Wahl mit dem Versprechen niedrigerer Steuern für FDP-Verhältnisse mit 14,6 Prozent glänzend gewonnen. Dann aber ließ er sich als Außenminister zum Vizekanzler krönen und verschwand im Regierungsflieger in der weiten Welt. Finanzminister Wolfgang Schäuble (1942-2023) bürstete daheim alle Steuer-Ambitionen der FDP mit Hinweis auf die Finanzkrise ab. Die Wähler fühlten sich verkohlt, denn das Wahlversprechen interessierte Westerwelle nicht allzu sehr.
Nach der folgenden Quittung 2013 trat der Parteivorstand der FDP geschlossen zurück. Man berief im Dezember einen außerordentlicher Parteitag ein, auf dem ein neues Präsidium gewählt und die Ursachen der Wahlniederlage analysiert werden sollten. Zum neuen Parteivorsitzenden wählte man Christian Lindner. Der dann 2017 mit 10,7 Prozent auch den Wiedereinzug ins Parlament schaffte. Ich behaupte mal ungeschützt, dass die FDP-Denkzettelabwähler über das völlige Verschwinden ihrer Partei aus dem Bundestag so erschreckt waren, dass sie ihm einfach wieder ein paar der abgenommenen Prozente spendierten. Aber das galt in Zukunft als Lindners großer Verdienst. Mein Vorwurf gegen ihn: er machte die FDP zu einer Zwerg-Volkspartei, anstatt sich auf klassische liberale Themen zu spezialisieren und schwerpunktmäßig auf die Leistungsträger abzuzielen. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.