Liebe Leser,
erst wenige Tage her, da meldete die China Passenger Car Association (CPCA) doppeltes Ungemach für deutsche Autofirmen. Die E-Pkw, bei denen die heimischen Anbieter Chinas viel billiger anbieten als die Konkurrenz aus dem teuren Germany, meldet für Oktober den höchsten Absatz solcher Fahrzeuge in der noch jungen Geschichte dieser Antriebsart (siehe grüne Säulen unten). Im vierten Monat haben die Stromer klassische Autos mit Benzin und Diesel dort überrundet und ihr Anteil lag zuletzt bei 52,5 Prozent.
(Quelle: Reuters, 8.11.24, https://www.reuters.com/business/autos-transportation/chinas-car-sales-extend-gains-oct-automakers-rush-meet-annual-goals-2024-11-08/ )
Nun der zweite Schlag: die Verkäufe von Luxusautos gingen im vergangenen Monat im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent auf 210.000 Einheiten zurück. Hier hatten die Spitzenmodelle von Mercedes, BMW, Porsche und Audi bisher eine wunderbare Ertragsquelle. Insgesamt aber lahmt der deutsche Absatz in China schon seit längerer Zeit, wie die folgende Grafik andeutet.
(Quelle: MM, 24.9.24, https://www.manager-magazin.de/unternehmen/autoindustrie/auto-industrie-was-hinter-den-gewinnwarnungen-von-mercedes-und-bmw-steckt-a-323180bf-08a5-476e-8ee1-4a5e0db8372f )
Für die ganze Branche hierzulande ist besonders verdrießlich, dass die chinesische Konkurrenz im Elektromarkt so aufgeholt hat, dass sie dort gerade von den staatlichen Subventionen profitiert, die bei billigeren, kleinen Autos sehr wichtig sind. Bis zu 2.800 Dollar pro Stück zahlt Peking für den Eintausch älterer Modelle gegen Elektrofahrzeuge und sparsamere Autos. CPCA-Generalsekretär Cui Dongshu geht auch davon aus, dass diese Subventionen bis 2025 fortgeführt werden.
So haben denn alle deutschen Hersteller zur Zeit ihre liebe Not mit ausgerechnet dem größten Automarkt der Welt. Die Produktionsdrosselungen und angedrohten Werksschließungen bei VW kommen demnach nicht aus einer zufälligen Marktlaune, sondern sind Teil eines größeren Schlamassels. Die Deutschen produzieren einfach zu teuer für Märkte, die nicht mehr von selbst wachsen.
Dabei sieht die Lage bisher im Welthandel nicht so triste aus wie die Kommentare angesichts Trumps Zollidee andeuten könnten. Seit Anfang 2023 ist der weltweite Containerverkehr wieder auf ein Allzeithoch gestiegen, allerdings mit sehr unterschiedlichen Entwicklungen: während es in Nordamerika flott voran ging, lahmte der Verkehr in Europa und Asien.
(Quelle: destatis, dashboard, https://www.dashboard-deutschland.de/indicator/tile_1666962783823?origin=dashboard&db=aussenhandel&category=konjunktur_wirtschaft )
Wenn wir konjunkturell nach Deutschland gucken, klafft eine große Lücke zwischen dem heimischen Konsum (orangene Linie), der sich auf hohem Niveau wenigstens halten kann und anderen volkswirtschaftlichen Aggregaten. Kippten zunächst die Investitionen im Baubereich ab (blaue Linie), hat es inzwischen auch die Investitionen in Maschinen und Anlagen erwischt (grüne Linie).
(Quelle: destatis, dashboard, https://www.dashboard-deutschland.de/konjunktur_wirtschaft/volkswirtschaft )
Kein Wunder, dass solche ökonomische Beruhigung auch auf Bereiche durchschlägt, in denen die Leute eigentlich ganz gerne Geld ausgeben. So hat die Gastronomie zwar ihre Corona-Delle umsatzmäßig mittlerweile voll ausgewetzt, aber seit dem Herbst vorigen Jahres stagniert nun das Geschäft, wenn man die realen Zahlen nimmt und glättet (rote Linie).
Auf den Rechnungen ist der Umsatz zwar kräftig gestiegen, hat aber dabei zuletzt nur noch die Preissteigerungen der Lokale aufgefangen. Denn Inflation bedeutet natürlich auch höhere Kosten für den Wirt.
Alles in Allem: die Lage ist trübe, aber vielleicht schafft das auch ein Bewusstsein für positive Veränderung. Man wagt es ja kaum zu hoffen, aber möglicherweise schafft die Wahl am 23. Februar eine bessere Regierung. Wenn zum Beispiel glaubhaft gemacht werden könnte, dass der Bürokratieabbau diesmal kein Lippenbekenntnis sein würde, könnte das ein Aufatmen hervorrufen (siehe Investitionen in der vorletzten Grafik). Das ist das einzig Gute bei der aktuellen Lage: die Erwartungen in die Politik sind so niedrig, dass die Realität es leicht hätte, sie zu übertreffen. Und so etwas – niedrige Erwartungen / wenigstens ein bisschen gute Entwicklungen – sind die beiden Bausteine für positive Überraschungen.