Liebe Leser,
noch im Februar hatte mein besonderer Freund, der linkslastige Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher (Jahrgang 1971), anhand alter Zahlen von 2021 und mit endlosen Begründungen versucht, in einer Kolumne der Wochenzeitung „ZEIT“ seine These die „Besserverdiener verdienen noch mehr“ unters Volk zu bringen.
(Quelle: ZEIT, 2.2.24, https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-01/lohnentwicklung-mindestlohn-armut-inflation )
Da wundert es dann ein wenig, wenn nur drei Monate später das Statistische Bundesamt mit der Überschrift „Abstand zwischen Gering- und Besserverdienenden wird kleiner“ um die Ecke biegt. Nach den Zahlen vom April 2023 hatten Besserverdienende im Schnitt das 2,98-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienenden erhalten, im Jahr davor war es noch das 3,28-Fache. Und dieses Verhältnis lag wiederum von 2018 bis 2022 auf gleichem Niveau (3,27). Nix mit Fratzschers immer noch mehr verdienenden Absahnern.
Der Grund der Verbesserung ist mathematisch nachvollziehbar: „Der Rückgang des auch als Lohnspreizung bezeichneten Verdienstabstands zwischen April 2022 und April 2023 ist darauf zurückzuführen, dass die Verdienste des 1. Dezils (Wert markiert die Obergrenze der unteren 10 % der Lohnskala) mit +12,4 % deutlich stärker stiegen als die des 9. Dezils (+1,9 %).“ Auch sachlich ist die Sache simpel: „…was vor allem auf die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns von 9,82 Euro auf 12 Euro die Stunde in diesem Zeitraum zurückzuführen ist.“
(Quelle: destatis, 29.4.24, https://www.destatis.de/DE/Home/_inhalt.html )
Bezeichnend auch: außer den journalistischen Ökonomieexperten „HANDELSBLATT“ und „Wirtschaftswoche“ griff die frohe Kunde zunächst kein größeres Blatt auf. Stellen Sie sich vor, es wäre umgekehrt gewesen und die Wenigverdiener wären schlechter weggekommen als die Spitzeneinkommen. Muss halt alles ins linksgrüne Weltbild passen.
Themenwechsel. Wie die Jungs vom Uralttraditionskonzern ThyssenKrupp das hinkriegen wollen, ist mir ein Rätsel. Die Nachricht habe Ende letzter Woche eingeschlagen wie eine Bombe: da hatte der Mutterkonzern mitgeteilt, dass die Holding EPCG des tschechischen Großinvestors Daniel Křetínský (Jahrgang 1975) bei der Stahltochter mit vorerst einem Fünftel, aber der Perspektive auf die Hälfte, einsteigt.
Per Flugblatt antwortete die IG Metall: „Das ist ein Skandal, denn Vorstandschef Miguel López und Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm haben die Mitbestimmung einmal mehr umschifft und uns somit bewusst vor den Kopf gestoßen.“ Der Stahl-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol hält das für „mehr als eine Provokation. Es ist eine kalkulierte Kampfansage“. Hier der streitbare Stahlmann bei einem früheren Anlass.
(Quelle: MM, 28.4.24, https://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/thyssenkrupp-steel-daniel-kretinsky-ist-der-neue-herrscher-in-duisburg-a-84e7ab11-7eff-4548-a813-f102200297c7 und: MM, https://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/thyssenkrupp-stahlarbeiter-gehen-gegen-einstieg-von-daniel-kretinsky-auf-contra-a-e2df4454-285c-4c5b-8ba3-b4fa0ef5f5d8 und: https://www.ruhrnachrichten.de/regionales/thyssenkrupp-stahlsparte-protest-beschaeftigten-kundgebung-widerstand-w874525-2001189163/ )
Und sein Gewerkschafskollege, der Bezirksleiter der IG Metall NRW, Knut Giesler, kündigt „massiven Widerstand“ an. Denn jeder ahnt und ThyssenKrupp hat das schon im Grundsatz bestätigt, dass von den 27.000 in der Stahlsparte arbeitendem Malochern viele werden gehen müssen. Nun will man statt einer für heute geplanten Belegschaftsversammlung zu einer Protest-Kundgebung vor der Steel-Hauptverwaltung in Duisburg aufrufen. Und man muss kein Prophet sein, dass nicht nur dort der Ton rauer werden wird. Da wurde der Neueinsteiger Křetínský wegen seiner Braunkohle-Beteiligungen schon mal als „fossile Hyäne“ bezeichnet.
Wie jetzt gegen die Gewerkschaft so ein Kahlschlag in den Kapazitäten umgesetzt werden soll wird spannend, denn eigentlich sind in den Tarifverträgen betriebsbedingte Kündigungen bis Ende März 2026 ausgeschlossen. Und mit dem tschechischen Juristen, der auf fast neun Milliarden Euro Vermögen geschätzt wird, holt man sich einen beinharten Partner ins Boot, der jederzeit auch wieder die Reißleine ziehen kann.
Denn EPCG-Vorstand Jiří Nováček erklärte laut Dolmetscherin vielsagend: „Es gibt Regelungen für den Fall, dass eine der Parteien sich zurückziehen will.“ Manche Quellen sprechen gar von einer halbjährigen Bedenkzeit. Wie ThyssenKrupp dann die auf bis zu 400 Millionen Euro geschätzte Kaufsumme aufbringen würde, steht noch mehr in den Sternen als die angepeilte Kapazitätsschrumpfung. Wie stark die Stellung des tschechischen Partners schon vor dem Einstige gewesen ist, zeigt ein Detail: hatte Thyssenkrupp-Chef López schon vor Monaten von einem Joint-Venture gesprochen, sind es jetzt erst mal 20 Schnupperprozente.
(Quelle: WiWo, 16.2.2017, https://www.wiwo.de/politik/deutschland/merkel-vor-nsa-ausschuss-abhoeren-unter-freunden-was-ging-tatsaechlich/19400064.html )
Letzter Themenwechsel. Als Heimat für gefährliche Spione hat man schon eine ganze Weile China ausgemacht. Denken Sie an Huawei, Industriespionage und den aktuellen AfD-Fall. Das ist natürlich frech, aber so ist die dunkle Welt der Schlapphüte nun einmal seit Ewigkeiten. Es geht so gut wie alles, man sollte sich nur nicht erwischen lassen.
Denken Sie in diesem Zusammenhang mal ein paar Jahre zurück, genau genommen an das Jahr 2013. Ab dann kam schrittweise heraus, dass der US-Geheimdienst NSA mit Hilfe seiner Kumpels in Kopenhagen einige Jahre europäische Spitzenpolitiker am Handy abgehört hatte, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkels und Emmanuel Macron nebst zwei weiteren französischen Präsidenten.
Hatte Merkel mit ihrem Ausspruch „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht“ die Wellen zu glätten versucht, wurde in den weit mehr als 100 Sitzungen eines Bundestagsausschusses ansatzweise deutlich, dass umgekehrt auch der Bundesnachrichtendienst andere Staaten bespitzelte. Offenbar ließen sich die Geheimdienste dabei gegenseitig in Ruhe, denn erst der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden (Jahrgang 1983) machte im Sommer 2013 auf diese Aktivitäten aufmerksam.