Liebe Leser,
zu beneiden ist Donald J. Trump (Jahrgang 1946) im Moment eher nicht. Grimmig blickend sitzt der inzwischen 77-jährige Ex-Präsident jetzt voraussichtlich sechs Wochen lang in einem Strafprozess in Manhattan, wo es im Grunde um eine „olle Kamelle“ geht. 2006 hatte er, so jedenfalls die Anklage, Donald bestreitet das, eine kurze Affäre mit einer Pornodame, die unter dem Begriff „Stormy Daniels“ eine gewisse Berühmtheit erlangt hat.
Weil das im Präsidentschaftswahlkampf ein Jahrzehnt später hätte hinderlich werden können, ließ Trump ihr wohl ein Schweigegeld von 130.000 Dollar zukommen. Der Vorwurf der Staatanwaltschaft ist nicht diese Zahlung, sondern eine kunstvolle Verschleierung in 34 geschönten Geschäftsdokumenten derselben. Tückisch für Trump: das Ganze zog damals sein Anwalt fürs Grobe, genannt der „Fixer“, Michael D. Cohen (Jahrgang 1975), durch.
Der kooperierte später mit der Staatsanwaltschaft und könnte jetzt als wichtiger Zeuge gegen seinen langjährigen Ex-Klienten aussagen. Vom überaus loyalen Rechtsberater zum Problemfall für Trump mutierte Cohen, als im April 2018 Bundesagenten sein Haus durchsuchten und er anschließend in den Knast wanderte.
Dass Trump ihn fallen ließ rächt sich jetzt, indem Cohen Licht in den Vorgang bringen könnte, dass er damals Stormy Daniels Schweigegeld bezahlte und ihm Trump dies später als „Rechtskosten“ erstattete. Kommt die Jury, deren Mitglieder gerade ausgewählt werden, zu einem Schuldspruch könnte dem ersten US-Präsidenten, der in einem Strafprozess angeklagt ist, gar eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren drohen.
(Quelle: NYT, https://www.nytimes.com/2024/04/16/nyregion/trump-trial-day-2-takeaways.html und: https://www.nytimes.com/2024/03/30/nyregion/trump-trial-tactics.html )
Dabei schien dem so gut wie immer in blauem Anzug und roter Krawatte auftretendem Trump gerade ein wenig – zumindest finanziell – das Glück zu lächeln. Nachdem er eher mühsam die Kaution in einem seiner vielen Rechtshändel aufgebracht hatte, geht es nun um nagelneue Milliarden Dollar an Vermögen. 2022 hatte er „Trump Media Social Truth“ gestartet, um ein eigenes Sprachrohr im Internet zu besitzen, nachdem er von twitter, dem heutigen „X“ ausgeschlossen worden war.
Zwar macht diese Company nur wenige Millionen Umsatz und hohe Verluste, aber als die Zwergfirma kürzlich mit einem schon eine Weile bereitstehenden Börsenvehikel verschmolzen wurde, besaß Trump nun 78,8 Millionen Aktien oder 58,2 Prozent der an der Computerbörse NASDAQ gelisteten Trump Media & Technology Group.
Und dann kam das Wunder der Wall Street: am ersten Handelstag in der neuen Trump-Struktur schoss der Wert seiner Beteiligung auf irre 6,2 Milliarden Dollar Börsenwert. Zwar darf der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat sechs Monate diese Aktien nicht disponieren, aber die Frist endet vor der November-Wahl und da könnte man sicher auch vorher was tricksen.
Doch auch bei diesem Börsenglück gibt es nun Probleme, denn das unter dem Kürzel DJT (Donald John Trump) gehandelte Papier unterliegt inzwischen wieder der Schwerkraft und fiel gegenüber seinem Höchststand von gut 79 Dollar – trotz einer Erholung zuletzt – auf ein Drittel zurück. Was Trump auf dem Papier um über vier Milliarden Dollar ärmer machte.
(Quelle: Barrons, 29.3.24, https://www.barrons.com/articles/donald-trump-djt-stock-truth-social-net-worth-election-1005340a?mod=md_stockoverview_news und: https://de.tradingview.com/symbols/NASDAQ-DJT/ )
Völliger Themenwechsel. Kennen Sie Miquela Sousa (Jahrgang 2016)? Ja, das mit dem Jahrgang in der Klammer stimmt, die junge Frau ist da geboren, wenngleich sie mit fast drei Millionen Followern schon sehr aktiv als nur achtjährige Influencerin durchs Internet geistert. Doch Miquela ist eine digital erzeugte Persönlichkeit mit eigenem Instagram-Profil, die klotzig Gebühren kassiert. Seit 2017 veröffentlicht der Avatar auch Musik.
(Quelle: https://www.instagram.com/lilmiquela/?hl=de und https://lrz.legal/de/lrz/kennzeichnungspflichten-fuer-virtual-influencer )
Kein Feld der Welt, auf dem nicht Juristen Ordnung schaffen möchten. So Yvonne Draheim, Partnerin der Anwaltsfabrik Hogan Lovells, die sich in einem Aufsatz mit den „Kennzeichnungspflichten für Virtual Influencer“ auseinandergesetzt hat. Juristisch hört sich das zukunftsweisend an: „Der Beitrag führt in das Social-Media-Phänomen der Virtual Influencer ein, schlägt ihre Klassifizierung anhand der hinter ihnen stehenden Personen und der Erkennbarkeit des kommerziellen Charakters vor und wendet die Influencer-Rechtsprechung des BGH sowie § 5a Abs. 4 UWG nF auf sie an.“
Und das Ergebnis der Autorin: „Aus dem Entwurf der KI-Verordnung lässt sich eine allgemeine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Influencer ableiten, deren genauer Wortlaut allerdings abzuwarten bleibt.“
Wenn Ihnen demnach im Internet als Mann eine virtuelle weibliche Schönheit zublinzelt oder als Frau ein muskulöser Schönling Vorzüge eines Autos erklärt, dann können Sie darauf hoffen, dass in Zukunft irgendwo unten ein kleiner Schriftzug darauf hinweist, dass dieser Avatar niemals bei Ihnen an der Tür klingeln wird und seine Nettigkeiten auf ihrem Sofa oder sonstwo fortsetzt.
Mein verschwörerischer Verdacht: könnte dann nicht auffallen, dass unser Kanzler Olaf Scholz (Jahrgang 1958) so merkwürdig wenig Emotionen zeigt und vorhersehbare Aussagen macht? Vielleicht entdeckt man dann unten rechts einen Hinweis, das sei ein dreidimensionaler Avatar, geschaffen von einem Kumpel von Kevin Kühnert.