Liebe Leser,
wenn stimmt, was die BILD-Zeitung gestern exklusiv in Erfahrung gebracht zu haben vorgibt, dann interessiert sich der Bekleidungshändler Peek & Cloppenburg für die Gruppe Galeria Karstadt Kaufhof mit ihren 90 verbliebenen Kaufhäusern. Das wäre dann der Irrsinn im Quadrat: denn P&C ist gerade selbst durch eine Variante der Insolvenz gegangen, der Galeria-Eigentümer Signa Holding (Rene Benko) steckt in Österreich in der Insolvenz und Galeria selbst droht wegen Ausfall der von Signa zugesagten 200 Millionen Euro im nächsten Jahr die Pleite.
(Quelle: BILD, 27.12.23, https://www.bild.de/bild-plus/unterhaltung/leute/leute/galeria-kaufhof-in-notlage-dieser-mann-ist-ihre-hoffnung-86547344.bild.html )
P&C-Strategiechef Stephan Fanderl war sechs Jahre lang bis Juni 2020 Boss von Galeria Karstadt Kaufhof. Nachdem das Schutzschirmverfahren bei seinem neuen Arbeitgeber zum 1. Oktober aufgehoben worden ist, könnte er die von ihm vormals eher erfolglos geleitete Firma ins Reich des ursprünglich holländisch geprägten Unternehmens eingemeinden lassen.
Aber was soll das denn bringen, wenn mehrere Fußkranke unter einem Dach vereint werden? Die haben einige Schwachstellen gemeinsam: zum Beispiel den Kampf gegen den Online-Handel, die autofeindlichen Bürgermeister bei ihren Standorten in den Innenstädten, vor allem aber haben Karstadt und Kaufhof über viele Jahre Beschäftigte gesammelt, die durch diverse Täler der Tränen gewandert sind. Da kann man sich vorstellen, dass die verbliebenen 17.000 inzwischen nicht mehr gerade die agilsten und zufriedensten sind. Die warten vermutlich auf die Rente. Na ja, vielleicht ist das Ganze auch eine Zeitungsente oder nur ein ventiliertes Denkmodell.
Themenwechsel. Der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (Jahrgang 1958) arbeitet hart daran, als unbeliebtester deutscher Regierungschef der Nachkriegskanzler in die Geschichte einzugehen. Waren in den berühmten ersten 100 Tagen Einarbeitungszeit bis zu drei Vierteln der Bevölkerung mit seiner Arbeit zufrieden, steckt er mit zuletzt 30 Prozent Zufriedenheitsgrad jetzt extrem weit unten im Stimmungstief. So jedenfalls das ZDF-Politbarometer, nach dem er sich lange ein Rennen abwärts mit dem knarzigen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Jahrgang 1963) geliefert hat. Das jetzt zumindest temporär klar entschieden ist.
(Quelle: ZDF-Politbarometer, 15.12.23, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/politbarometer-unzufriedenheit-ampel-scholz-union-100.html )
Damit erreicht er nicht einmal die Umfragewerte seiner Ampelkoalition von addiert 33 Prozent. Also müssen sogar ein paar Ampelmännchen Amit ihm hadern. Allerdings übertrifft er noch leicht die Zufriedenheitswerte der Deutschen mit der gesamten Regierung. Der wird ein katastrophales Zwischenzeugnis ausgestellt, nur 27 Prozent finden ihre Arbeit gut, 68 Prozent indes schlecht.
In der persönlichen Benotung findet sich der medial überall präsente Amtsinhaber unter den 10 wichtigsten Politikern nur noch leicht vor Sahra Wagenknecht (Jahrgang 1969) und der Innenministerin Nancy Faeser (Jahrgang 1970). Wirklich punkten kann er nur gegenüber der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel (Jahrgang 1979). Aber im Gegensatz zu ihm wächst die Sympathie für die Dame von niedrigem Niveau, während der Kanzler immer noch weiter absinkt.
Seine Partei – die ihn nie recht geliebt hat – liegt übrigens nur noch bei je nach Institut 14 (Forsa/Infratest/Forschungsgruppe Wahlen) bis 15 Prozent (Verian/INSA), im Dezember 2021 bei Start der Regierung waren es noch 28 Prozent. Die AfD-ler bringen es übrigens inzwischen auf 22 Prozent. Ginge es nach den aktuellen Bewertungen der befragten Wähler, wäre wohl besser Boris Pistorius (Jahrgang 1960) Kanzler, der sich seit seinem überraschenden Amtsantritt an der Spitze der Beliebtheitsskala hält (siehe erste Grafik).
Aber wie schnell sich sowas ändern kann, zeigt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Jahrgang 1969): beim Ampelstart noch als drittbeliebtester Politiker mit 1,4 auf der Skala von -5 bis +5 eingestuft, ist er inzwischen bei minus 0,5 auf dem fünften Rang angekommen, gleichauf mit Annalena Baerbock (Jahrgang 1980) und Christian Lindner (Jahrgang 1979). Glück der Berliner Ampel-Truppe: der Oppositionsführer Friedrich Merz (Jahrgang 1955) steht auch nicht gerade auf der Sonnenseite der Beliebtheit. Nicht einmal bei den CDU/CSU-Anhängern wird er am chancenreichsten eingeschätzt. 32 Prozent sehen da den CSU-Oberbayern Markus Söder (Jahrgang 1967) vorne, nur 22 Prozent Merz.
(Quelle: Politbarometer Dezember 2021, https://www.forschungsgruppe.de/Umfragen/Politbarometer/Archiv/Politbarometer_2021/Dezember_2021/ und: https://www.forschungsgruppe.de/Umfragen/Politbarometer/Langzeitentwicklung_-_Themen_im_Ueberblick/ )
Auch nicht gerade hilfreich für den Kanzler: das von der SPD als Thema so stark beschworene soziale Gefälle zwischen Arm und Reich gehört bei den Wählern nicht zu den Knallerthemen. Ich habe Ihnen zum Vergleich mal die Zuwanderungsthematik eingemalt, nicht völlig zufällig in Braun.
(Quelle: ARD, 7.12.23, https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-3410.html )
Schaut man statt wie oben beim ZDF mal bei der ARD rein, so landet man bei der Beliebtheit der Regierung auf der Suche nach ebenfalls bei einem SPD-Kanzler: Gerhard Schröder (Jahrgang 1944). Recht gut gestartet, sank die Zufriedenheit mit ihm und seinem Kabinett Ende 2003 ebenfalls auf einen Gefrierpunkt. Bis zum Ende seiner Amtszeit von 1998 bis 2005 waren es da noch knapp zwei Jahre. Wenn das mal keine Ähnlichkeit ist: die nächste Bundestagswahl findet am 26. September 2025 statt.