Liebe Leser,
heute ist ja in Zeiten des Klimawandels die Formulierung „seit Beginn der Wetteraufzeichnungen“ unter Katstrophenfreunden beliebt. Ich freue mich daher, Ihnen ein positives Gegenbeispiel bieten zu können: noch nie seit Beginn der Müllaufzeichnungen 2004 produzierten die Bewohner deutscher Haushalte weniger Abfall als im letzten Jahr. Hier zur Bestätigung der Text des Statistischen Bundesamtes: „Damit sank das Pro-Kopf-Aufkommen an Haushaltsabfällen auf den tiefsten Stand seit dem Beginn der Erhebung im Jahr 2004.“
Hierzulande wird akribisch bis zur letzten Biotonne gemessen, was der Deutsche im Jahr wegschmeißt. Gut 34 Prozent davon sind das, was Sie in ihren Mülleimer werfen und anschließend von der Müllabfuhr entsorgt wird. An zweiter Stelle rangieren mit 31 Prozent getrennt erfasste Wertstoffe wie etwa die Weinpullen, die Sie selbst zum Container tragen. Mit 27 Prozent tragen dann noch die Bioabfälle zum nichtgewerblichen Aufkommen bei. Und „last not least“ gibt es neben Kleinkram noch sieben Prozent Sperrmüll, also ihr altes Sofa, das die Müllmänner am „Tag X“ mitnehmen.
(Quelle: destatis, 18.12.23, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/12/PD23_484_321.html )
37 Millionen Tonnen kamen so insgesamt 2022 zusammen oder 438 Kilogramm pro Kopf der Bevölkerung – 46 Kilogramm weniger als in 2021. Aber damals hatte die sommerliche Flutkatastrophe an der Ahr das Müllaufkommen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz außergewöhnlich nach oben getrieben. Da auch 2020 durch die Quarantänemaßnahmen übergebührlich viel Müll daheim produziert wurde, vergleicht man am besten mit dem letzten Normaljahr 2019: da war das Gesamtaufkommen 2,8 Prozent oder eine Million Tonnen höher.
Bei langfristigen Vergleichen stört, dass Manches früher nicht so stark eingesammelt oder erfasst wurde. So ist zum Beispiel der Inhalt der Biotonnen vom ersten Erfassungsjahr 2004 bis 2022 um 23 Prozent gestiegen. Ich nehme als Vergleich daher den klassischen Hausmüll aus Ihrem Mülleimer, also zum Beispiel ohne Biotonne und Flaschencontainer. Ich erspare mir mal weiteres Zahlengewusel und habe stellvertretend den Trend als gepunktete Linie eingezeichnet.
Im Grunde wäre dieser Trend noch stärker abwärts gerichtet, wenn Sie sich die Sonderfaktoren Quarantäne und Ahrtal – das ist der Aufwärtshuckel 2020 und 2021 – wegdenken. Und auch ein anderes Phänomen beeinflusst die Darstellung: das Sperrmüllaufkommen blieb über den ganzen Beobachtungszeitraum nahezu unverändert. Nehmen wir den mal raus, zeigt der Trend deutlich stärker nach unten.
Ich habe Ihnen zum Spaß auch die beiden Effekte Corona und Ahrtal mal rausgerechnet, um zu zeigen, wie der Trend dann aussehen würde.
Sie können das ruhig auch als Folge 100.000 meiner Serie „etwas wird besser und keiner bemerkt es, aber wehe wenn es anders herum ist“ ansehen. Die EU denkt über das Zuckertütchen im Restaurant als Verpackungsmüll nach, dabei trennt und spart der Deutsche längst, was das Zeug hält. Aber Motto ist halt: „Gutes ist nie genug“ oder aber: „Wo wären wir denn, wenn die schlaue Obrigkeit das nicht weise geregelt hätte?“
Themenwechsel. Ich fasse es manchmal nicht, was die Deutschen für ein Volk der Duckmäuser und Staatsgläubigen sind. Ein Beispiel: Bei der Frage höherer Besteuerung von Alkohol sind immerhin 47 Prozent mehr oder weniger dafür aufgeschlossen. Nicht mal für „alles soll so bleiben wie es ist“, findet sich eine größere Mehrheit.
Das trinkfreudige Volk fordert also Vater Staat dazu auf, ihm für sein Laster mehr Geld abzuknöpfen. Wie verrückt ist das denn? Wenn man sich die denkbaren Gründe für höhere Alko-Steuern so anguckt, dann kann jeder, der um seine eigene Gesundheit fürchtet, doch einfach selbst auf den Fusel verzichten. Offenbar beseelt aber so eine Lehrer-Lämpel-Attitüde die Heimischen: wer mehr säuft, soll auch blechen. Der Staat kann dann mit den Mehrerlösen Gutes tun.
(Quelle: CIVEY, https://civey.com/umfragen/35734/wie-sollten-alkoholische-getranke-zukunftig-besteuert-werden?utm_source=b2cnewsletterl&utm_medium=email&utm_campaign=20231216_sendinblue_534 und: https://civey.com/umfragen/35723/welche-dieser-vorsichtsmassnahmen-zur-vermeidung-einer-corona-infektion-halten-sie-vor-den-feiertagen-fur-sinnvoll?utm_source=b2cnewsletterl&utm_medium=email&utm_campaign=20231217_sendinblue_532 )
Und ähnliche Haltungen kann man hierzulande querbeet beobachten, die Obrigkeit soll es richten. So würden auch etwa 40 Prozent der Befragten zu den Feiertagen gerne in Bus und Bahn wieder Masken tragen und am liebsten Menschenansammlungen in Innenräumen meiden. Rentner wollen gar zu 53 Prozent den gefährlichen Innenräumen zu Weihnachten aus Corona-Furcht lieber fernbleiben.
Kein Wunder, dass der Lauterbach-Dauermahner so erfolgreich gewesen und vom Nobody zum Minister aufgestiegen ist. Das „Team Vorsicht“ genießt halt in deutschen Landen hohes Ansehen. Na vielleicht überlegt es sich Opa doch noch mal, wenn ihm der Bratenduft der Weihnachtsgans im größeren Familienkreis in die Nase steigt.