Liebe Leser,
nachdem sich die beiden Supermächte USA und China nun schon seit Jahren Knüppel zwischen die Beine zu werfen trachten und nach Ansicht von Beobachtern zeitweise gar eine militärische Konfrontation um Taiwan zu drohen schien, kommen jetzt plötzlich ganz andere Töne. Nach offiziellen Angaben beider Seiten führten US-Sicherheitsberater Jake Sullivan (Jahrgang 1976) und Chinas Außenminister Wang Yi (Jahrgang 1953) am letzten Wochenende in Malta „offene, inhaltsreiche und konstruktive“ Gespräche.
Das Weiße Haus ließ zum Beispiel in diesem Zusammenhang verlauten: „Dieses Treffen war Teil der laufenden Bemühungen, offene Kommunikationswege aufrechtzuerhalten und die Beziehung verantwortungsvoll zu gestalten.“ Offenbar haben beide Seiten wieder größeres Interesse, ihre unterkühlten Beziehungen zu erwärmen.
(Quelle: The world in brief, ECONOMIST, 18.9.23, White House, 17.9.23, https://www.whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2023/09/17/readout-of-national-security-advisor-jake-sullivans-meeting-with-chinese-communist-party-politburo-member-director-of-the-office-of-the-foreign-affairs-commission-and-foreign-minister-wang/ )
Nun spekulieren zum Teil die gleichen Beobachter, die zeitweise die Staaten schon in militärischen Auseinandersetzungen geraten sahen, dass es noch 2023 zu einem Gipfeltreffen der Staatschefs Joe Biden (Jahrgang 1942) und Xi Jinping (Jahrgang 1953) kommen könnte. Na wenn es eine Auseinandersetzung um Taiwan verhindert, soll uns allen das recht sein, denn eine solche wäre – nicht zuletzt für die Weltwirtschaft – echt Mist.
Nächstes Thema. Wenn es noch eines Beweises bedürfen würde, dass die herrschenden Politiker in Berlin manche Probleme weit abseits der Volksmeinung angehen, bitteschön, das hier scheint einer zu sein. Seit ewigen Zeiten drücken sich alle Regierenden um ein klar formuliertes Gesetz zur geordneten Zuwanderung. Offenbar scheut jeder die vielen Fallstricke und Shitstorms, die mit der Diskussion darum drohen könnten.
Daher taucht die Frage, ob da nicht was im Argen liegt immer nur dann auf, wenn besonders viele Menschen auf ungeordneten Wegen ins Land drängen und es dort zu erkennbaren Engpässen kommt. So war es 2015 („Wir schaffen das“) und so ist es auch heute wieder. Man lässt lieber die Zuzügler in maroden Nussschalen übers Mittelmeer „anreisen“, als klar zu sagen, wer kommen kann und ihm dann eine vernünftige Reise zu ermöglichen. Und damit ganz nebenbei auch Planbarkeit zu schaffen.
Das Volk denkt da offenbar viel klarer. Bei einer Umfrage des Internet-Meinungsforschungsinstituts CIVEY votierten atemberaubend hohe 88,1 Prozent dafür, an häufig angesteuerten europäischen Außengrenzen besser aufzupassen. Die Frage hatte etwas enger – wohl an die Aktualität anknüpfend – gelautet: „Sollten die EU-Grenzen aufgrund der zunehmenden Flüchtlingszahlen auf der Route über Italien (Lampedusa) Ihrer Meinung nach stärker kontrolliert werden?“

Noch erstaunlicher indes: nur knapp neun Prozent stimmten dagegen. Das war weniger als die derzeitigen Umfragewerte der GRÜNEN (etwa 14 Prozent). Hört man Kommentare aus grün und links geprägten Medien, von Aktivisten oder auch von den Kirchen, könnte man ein völlig anderes Bild gewinnen. Bei den älteren Leuten sind es nicht einmal fünf Prozent, die stärkere Kontrollen mehr oder weniger stark ablehnen.
Natürlich bleibt bei dieser Frage völlig offen, wie denn die stärkeren Kontrollen ablaufen und was sie bezwecken sollen? Die Umfrage zeigt lediglich, dass ein breites Problembewusstsein im Hinblick auf die heutigen Verhältnissen besteht. Es wäre schön, wenn da mal jemand mit einem durchdachten Plan daherkommen würde. Nach all den vielen Jahren ist es doch blamabel, wenn nur eine – wie durchzusetzende – Obergrenze oder bessere Verteilung in der EU andiskutiert werden.
Themenwechsel. Da denkt man schon, hierzulande sei die Stimmung mies. Aber in den USA zeigt ein unbestechlicher Indikator noch mehr Frust: die Selbstmorde im Verhältnis zur Bevölkerung. Mit anhand erster Daten für 2022 geschätzten 14,3 Suiziden auf 100.000 Einwohner, die sogenannte Selbstmordrate, könnte das Land zuletzt einen neuen traurigen Rekord erreicht haben.
Interessanterweise ging ausgerechnet im Corona-Jahr 2020 diese Kennzahl deutlich zurück, um danach wieder nach oben zu schnellen. Die Pistole in der Grafik ist nicht zufällig als Illustration gewählt: Schusswaffen – wie könnte es in den USA anders sein – sind beim freiwilligen Ableben dort das am häufigsten gewählte Mittel zum üblen Zweck.
Letztes Thema heute. Ich kann einen lieben Kollegen, der eine Ferienwohnung in Kolbermoor im bayerischen Alpenvorland sein Eigen nennt, beruhigen: seine Wohnung ist nicht in der niederschlagsreichsten Kommune Deutschland, wie er angesichts der Silbe „moor“ gerne kokettiert. Seit 2021 kann sich diesen Ehrentitel Balderschwang zurechnen.
Dort fielen schon bis Mitte September dieses Jahr 1.867 Liter Niederschlag auf den Quadratmeter. Das waren noch einmal 171 Liter mehr als auf der Zugspitze. Und im ganzen letzten Jahr toppte das Örtchen den Zweitplatzierten „Obere Firstalm“ gar um 234 Liter oder gut 12 Prozent. Man muss schon ins Jahr 2020 zurückblicken, dass diese Alm Balderschwang (gar auf den dritten Platz) abhängte.
Wo zum Kuckuck ist denn dieses Balderschwang nun eigentlich? Das Kaff mit seinen knapp 400 Einwohnern liegt im schwäbischen Landkreis Oberallgäu und ist nach Chiemsee die bevölkerungsmäßig zweitkleinste Gemeinde Bayerns. Und auch gleich noch mit einem anderen Rekord versehen: sie besitzt den höchstgelegenen Ortskern in Deutschland. Die Regionalseite Oberallgäu gerät beim Schwärmen völlig außer sich: „Dunkle Bergwälder, blumenübersäte Alpwiesen und ein Dörfchen, das echte Allgäuer Beschaulichkeit atmet.“
(Quelle: https://www.wetterkontor.de/wetter-rueckblick/jahreswerte/deutschland?jahr=2023 und: https://www.oberallgaeu.de/balderschwang-oa und: https://www.allgaeu.de/balderschwang )
Nun gut, ein gehöriger Teil des Niederschlags fällt im Winter als für die Wintersportler erfreulicher Schnee. Aber auch im Sommer, kann es dort schon mal richtig regnen. In nur sechs Tagen (24.-29.8.) kamen dieses Jahr 181 Liter vom Himmel, in der Spitze am 27. August 56,6 Liter. Im ganzen August waren es fast 360 Liter. Noch ein bisschen mehr als im vorigen September (349 Liter). Und von Mai bis August 2021 kamen dort gar 1.142 Liter herunter, das war dann sicher kein Schnee.
Und noch ein letzter Rekord: mit dem 19. August 2021 ziert der regenreichste Tag des vergangenen Jahres dieses Örtchen Balderschwang, fast 100 Liter prasselten da in 24 Stunden auf die Ortschaft nieder. Ob ich in diesen „Knutschfleck von Mutter Natur“ (Allgäu.de) in Sommerurlaub fahren würde, weiß ich angesichts dieser Zahlen nicht. Aber ich bin ohnehin ein Reisemuffel. Wenn ich dort Hotelier wäre, würde ich über die Wettermessstation einen Regenschirm halten.