Liebe Leser,
Samstag hat Indien seinen schätzungsweise 45 Millionen Dollar teuren Forschungssatelliten Aditya-L1 in Richtung Sonne gestartet. In vier Monaten soll das Weltraumvehikel einen 1,5 Millionen Kilometer entfernten idealen Beobachtungsposten (Lagrange-Punkt 1) erreichen an dem sich die Anziehungskräfte von Erde und Sonne die Waage halten. Wie die erst kürzlich erfolgreiche Mondlandung kommt die symbolträchtige Mission für Premierminister Narendra Modi (Jahrgang 1950) vor den Parlamentswahlen im Frühjahr 2024 nicht unpassend.
Denn das inzwischen bevölkerungsreichste Land hat sich mit seinem Weltraumprogramm in einer illustren Runde etabliert: nach der Sowjetunion, den USA und China glückte Indien mit seiner Mission Chandrayaan-3 als vierter Nation eine sanfte Mondlandung. 2014 hatte Indien zudem als erste asiatische Nation ein Raumfahrzeug in eine Umlaufbahn um den Mars gebracht. Wir wollen global ganz vorne mitmischen, soll das wohl zeigen.
(Quelle: ISRO, https://www.isro.gov.in/Aditya_L1-MissionDetails.html und: WELT, 3.9.23, https://www.welt.de/wirtschaft/article247209884/Sonnenmission-Indien-startet-naechsten-Schritt-seiner-Weltraumplaene.html?source=puerto-reco-2_ABC-V32.4.D_ctrl_validation und WELT, 1.9.23, https://www.welt.de/politik/ausland/plus247073966/Deutschland-zahlt-Indien-hohe-Entwicklungsgelder-und-das-Land-investiert-Milliarden-in-die-Raumfahrt.html )
Das lässt sich Modis Raumfahrtbehörde ISRO mittlerweile 1,6 Milliarden US-Dollar im Jahr kosten. Soll Modi doch, könnte man denken, ist allemal besser, als würde Indien sein mit fast eineinhalb Millionen Mann üppiges Militärpotential (nebst 2,5 Millionen paramilitärischen Kräften) noch einmal aufstocken. Für die schimmernde Wehr gibt Modi inzwischen gut 81 Milliarden Dollar aus, immerhin die Hälfte mehr als der deutsche Etat. Und während es die Deutschen partout nicht schaffen, wie versprochen mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu stecken, sind die Inder bei 2,4 Prozent angelangt.
Auch da könnte man wieder denken, was geht uns an, ob Indien sein Geld für Weltraum oder Waffen ausgibt? Nur ist es halt auch unser Geld. Denn das Riesenland gehört zu den großen Empfängern von Entwicklungshilfe. Und bei der liegen die Deutschen ausnahmsweise mal weit vorne. Von der OECD verglichen ist unser Land weltweit hinter den USA der zweitgrößte Geber. Und gemessen an der vier Mal so großen Bevölkerung des wichtigsten Spendierers USA ist Deutschland sogar am ausgabefreudigsten. Zumal, wenn man auch noch den indirekten deutschen Anteil an den EU-Hilfen in alle Welt mit einbezieht.
(Quelle: Handelsblatt 26.6.23, https://www.handelsblatt.com/politik/ukraine-krieg-das-sind-2023-die-groessten-armeen-der-welt-/27058176.html und: OECD, https://public.flourish.studio/story/1882344/ )
Indien kriegt davon traditionell davon einen schönen Batzen ab. Schon seit den 1950-er Jahren unterstützt die Bundesrepublik das Land beim Bau von Industrieanlagen oder Brücken. Seitdem zählt Indien konstant zu den wichtigsten Empfängerländern. Im Mai 2022 unterzeichneten Bundeskanzler Olaf Scholz und der indische Ministerpräsident Modi eine „Partnerschaft für grüne und nachhaltige Entwicklung“, für die Deutschland bis 2030 10 Milliarden Euro aus verschiedenen Ministerien spendieren will. Im Rahmen dieser Partnerschaft brachte Entwicklungsministerin Svenja Schulze allein für bilaterale Projekte in 2023 noch einmal eine Milliarde Euro mit.
Laut Ministerium werden die Milliarden vornehmlich als Kredite über die staatliche Förderbank KfW angeboten und sollen zu günstigen Konditionen verzinst zurückgezahlt werden. Die Bundesregierung begründet die riesigen Summen für Indien unter anderem damit, dass in dem Land noch immer die meisten armen Menschen der Welt leben.
Natürlich darf auch der andere große Joker deutscher Hilfen nicht fehlen: zweites Ziel der Entwicklungszusammenarbeit mit Indien sei der Klima- und Umweltschutz. „Über 90 Prozent der BMZ-Vorhaben in Indien helfen, Treibhausgasemissionen einzusparen beziehungsweise unterstützen bei der Anpassung an den Klimawandel und stärken die Resilienz gegenüber seinen Folgen“, heißt es beim Ministerium.
So finanziert Deutschland erneuerbare Energien bis 2025 mit einer Milliarde Euro. In eine „Initiative zu agrarökologischer Landwirtschaft und nachhaltigem Ressourcenmanagement“ fließen in diesem Zeitraum 300 Millionen Euro. Weitere Schwerpunkte sind etwa nachhaltige Mobilität und Stadtentwicklung oder Energieeffizienz.
Diese Projektbezogenheit ist natürlich Augenwischerei, denn die Hilfen entlasten ja die Regierung in Delhi, die sonst diese Maßnahmen bezahlen müsste. Nur macht es sich auf den Bildern naturgemäß besser, wenn man dort in einem Dorf ein Solarkraftwerk einweiht, als wenn da ein Satellit mit deutscher (indirekter) Hilfe ins All braust oder gar ein paar Kanonen angeschafft werden. Da kann Meister Modi eigentlich nur „danke“ sagen.
Ganz anderes Thema zum Schluss für heute. Für viele meiner Zeitgenossen ist die Marke Apple ja so eine Art Religionsersatz. „Unser jährliches iPhone gib uns heute“ lautet dabei das Glaubensbekenntnis. Und in der Tat steuert das Kulthandy immer noch rund die Hälfte des Umsatzes vom Apfelkonzern bei. Rund ein Viertel bringen alle möglichen EDV-Services, der Mac rangiert mit acht Prozent schon unter „ferner liefen“.
Das wird es die Gläubigen wundern, dass trotz astronomischer Preise des iPhones die Umsätze mit diesem Gerät seit eineinhalb Jahren nicht mehr steigen. Ich habe Ihnen im Bildchen den jeweiligen Durchschnitt aus vier Quartalen aufgemalt, weil das erste Quartal des Apple-Geschäftsjahres (per 30.9.), im Kalender das Weihnachtsquartal, immer den Höchstumsatz bringt. Im letzten vierten Kalenderquartal lag der Umsatzanteil bei 56 Prozent. Offenbar ist das Gerätchen mit dem pfiffigen Logo immer noch ein beliebtes Geschenk unter dem Weihnachtsbaum.