Liebe Leser,
in der langfristigen Wirtschaftsentwicklung beginnen viele Trends fast unbemerkt. Ein Beispiel dafür könnte die weltweite Stahlproduktion sein. Dieses immer noch mit Abstand wichtigste Metall – und das seit über zwei Jahrhunderten – hat auch in den letzten Jahrzehnten einen passablen Aufwärtstrend hingelegt. Im Schnitt wurden jährlich im zurückliegenden Vierteljahrhundert vier Prozent mehr Stahl erzeugt.
Haupttreiber war dabei China, das inzwischen mehr als die Hälfte des Stahls (zuletzt: 57 Prozent) dieser Erde produziert. Das Riesenreich verbrauchte für seinen Bauboom und die gewaltigen Infrastrukturmaßnahmen fast all diesen Stahl selbst. Aber Mitte 2021 begann dort so etwas wie eine Stagnation der Stahlproduktion und prompt ging es auch weltweit nicht mehr aufwärts. Zum Teil natürlich, weil auch im Rest der Welt die Konjunktur nicht zum todlachen war.
Denkbar übrigens, dass die Chinesen in ihrem nachlassenden Stahlhunger nur dem Rest der Welt folgen. Denn lässt man die Chinesen mal für einen Augenblick außen vor, dann stagniert die Weltproduktion außerhalb des Reiches der Mitte schon seit 2008.
Wenn Sie da ein Musterbeispiel für Schrumpfung in der Bedeutung der Stahlindustrie anschauen wollen, das Sie gut kennen, dann braucht man nur einen Blick nach Deutschland werfen. Wir produzieren heute weniger Stahl als vor einen Vierteljahrhundert. Und in Zukunft wird es wohl weiter in diese Richtung gehen, wenn erst die grünen Pläne des „Green Steel“ Wahrheit geworden sind. Denn billiger wird die Erzeugung damit nicht.
Themenwechsel. Als ich noch jung und knusperig war, habe ich zum Thema Wissenschaft mal gelernt: verschiedene Meinungen werden vorgetragen und diskutiert, dann bildet man sich ein Urteil darüber, welche Ansicht denn besser zu passen scheint. Und bei nächster Gelegenheit kann mit neuen Erkenntnissen das Ganze durchaus wieder von vorne losgehen. Offenbar ist inzwischen bei manchen Fragestellungen dieses Verfahren überholt.
Ein Beispiel dazu. Noch letztes Jahr erschien der amerikanische Experimentalforscher John Francis Clauser (Jahrgang 1942) als ein honoriger Wissenschaftler, immerhin erhielt er mit zwei Kollegen den Nobelpreis für Physik für seine Überlegungen im Bereich der Quantenmechanik.
(Quelle: Physics History Network, https://history.aip.org/phn/11504008.html )
Dann jedoch sprang Clauser vor ein paar Monaten ins kalte Wasser und schwamm dort verwegen gegen den Mainstream. US-Präsident Joe Biden (Jahrgang 1942) schrieb er kürzlich einen Brief, in dem er ihm mitteilte, dass er mit dessen Klimapolitik nicht einverstanden sei. Insbesondere kritisierte der Physiker das Narrativ des „Klimanotstands“ und nannte das eine „gefährliche Korruption der Wissenschaft“. So würde „die Weltwirtschaft und das Wohlergehen von Milliarden von Menschen bedroht“ werden. Und noch widerborstiger: dass sich die „fehlgeleitete Klimawissenschaft zu einer massiven schock-journalistischen Pseudowissenschaft entwickelt hat“.
Seine Blasphemie gipfelte in der Abwägung: „Meiner Meinung nach gibt es keine wirkliche Klimakrise. Es gibt jedoch ein sehr reales Problem bei der Bereitstellung eines humanen Lebensstandards für die Weltbevölkerung und eine damit verbundene Energiekrise. Letzteres wird durch die meiner Meinung nach falsche Klimawissenschaft unnötig verschärft.“
(Quelle: The Epoch Times, 18.7.23, https://www.epochtimes.de/wissen/allgemein/physik-nobelpreistraeger-klima-narrativ-ist-gefaehrliche-korruption-der-wissenschaft-a4343285.html und: Die Weltwoche, 25.7.23, https://weltwoche.ch/daily/es-gibt-keinen-klimanotstand-physik-nobelpreistraeger-john-clauser-warnt-vor-einer-gefaehrlichen-korruption-der-klimawissenschaften-der-beweis-folgte-umgehen-der-iwf-cancelt/ )
Die Ansicht war offenbar nicht aus der Hüfte geschossen. In mehreren Studien hatte Clauser die Funktionsweise des Erdklimas untersucht. Aus diesem Grund wurde der Nobelpreisträger auch in den Vorstand der in Virginia (USA) ansässigen „CO₂-Koalition“ gewählt. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von 120 Wissenschaftlern, die ein breites Spektrum von Klimawissenschaftsdisziplinen repräsentieren.
Diese CO₂-Koalition stellte jetzt auch ins Netz, dass Boardmitglied Clauser vom Internationalen Währungsfonds (IMF) von einem Vortrag „How Much Can We Trust IPCC Climate Predictions?“ am 23. Juli ausgeladen worden ist. IPCC steht für „Intergovernmental Panel on Climate Change“, das oft und gerne mit Warnungen zitiert wird. Als Fake-Skeptiker haben ich das überprüft, der Vortrag stand tatsächlich unter IMF an (siehe schwarzes Feld oben) und wenn man das heute aufrufen will, ist die Seite nicht mehr da (unten).
(Quelle: IMF, https://www.google.com/search?q=John+Clauser+IMF+flyer&oq=John+Clauser+IMF+flyer&gs_lcrp=EgZjaHJvbWUyBggAEEUYOTIJCAEQIRgKGKAB0gEJMTI3NzVqMGo3qAIAsAIA&sourceid=chrome&ie=UTF-8#ip=1 )
Dennoch denkt man – wenn man gerade nicht im Mainstream schwimmt – immer gleich, dass man da obskuren Quellen auf den Leim gekrochen sein könnte und einen hinterher alle auslachen. Daher ist es beruhigend, dass nun auch – im Gegensatz zu Deutschland – eine namhafte Quelle die Angelegenheit aufgegriffen hat. Ich zitiere einfach mal aus dem US-Nachrichtenmagazin Newsweek:
„Der Physik-Nobelpreisträger Dr. John Clauser sollte am Donnerstag vor dem IWF ein Seminar über Klimamodelle halten und nun wurde sein Vortrag kurzerhand abgesagt, heißt es in einer Erklärung der CO2-Koalition. Laut einer E-Mail, die er gestern Abend erhielt, hatte der Direktor des unabhängigen Evaluierungsbüros des Internationalen Währungsfonds, Pablo Moreno, den Flyer für Johns Zoom-Vortrag am 25. Juli gelesen und den Vortrag kurzerhand und sofort abgesagt. Technisch gesehen wurde er ‚verschoben‘, heißt es in der Erklärung weiter.“
(Quelle: Newsweek, 24.7.23, https://www.newsweek.com/nobel-prize-winner-who-doesnt-believe-climate-crisis-has-speech-canceled-1815020 )
Bevor jetzt irgendwelche wirklichen oder selbsternannten Klimaexperten aufheulen hier als Klarstellung: zur Beurteilung, wie gefährlich und menschengemacht der Klimawandel ist, bin ich als Laie mangels ausreichenden Kenntnissen schlicht nicht in der Lage. Was ich bemängele ist eher simpel: wenn ich da jemand zum Thema einlade, dann würde mir doch eine kontroverse Meinung – sofern sie halbwegs kompetent erscheint – gerade gefallen. Da kann man sich dran reiben und vielleicht sogar einen Aspekt entdecken, der bisher noch nicht genug beleuchtet worden ist. Als Börsianer könnte ich mir ein solches Vorgehen nicht leisten, denn nicht zuhören kann da bares Geld kosten.
Ich bin wirklich mal gespannt, ob eines der deutschen Leitmedien sich diese Frage auch stellen wird. Und interessant auch: wenn es passt, wird die Wissenschaft immer gerne zitiert oder besser ins Feld geführt, wobei für mich offen bleibt, ob es die Wissenschaft – außer vielleicht in der Mathematik – überhaupt gibt oder gar geben kann. Wird da abgestimmt oder müssen Andersdenkende einfach die Klappe halten? Das obige Beispiel geht ein wenig in die Richtung der zweiten Variante.