Liebe Leser,
wenn Sie traurig in Ihr Aktiendepot gucken sollten, obwohl die Indices Ihnen eigentlich für die Börsen ein ganz hübsches Bild anzeigen, dann kann ich Sie heute mal etwas trösten: es war übers Jahr nicht einfach, überhaupt einen Gewinn zu machen, geschweige denn den vom Index. Nehmen wir mal den uns allen bekannten DAX mit seinen 40 enthaltenen Titeln. Der legte insgesamt stolze 14,0 Prozent zu.
(Quelle: finanzen.net, https://www.finanzen.net/index/dax/40-werte und: https://www.finanzen.net/index/mdax )
Ein Viertel der dazu beisteuernden Aktien wiesen indes in diesen letzten 12 Monaten ein Minus aus. Und weitere 11 schafften den Durchschnitt von 14 Prozent nicht, immerhin vier mit weniger als drei Prozent nicht annähernd. Zwei Neulinge (Daimler Truck und Zalando) gibt es noch nicht solange im Index. Folglich war es mit 17 Titeln die andere knappe Hälfte, die den Anstieg trug.
Lustigerweise war es mit dem Spitzenreiter Commerzbank ein Titel, der mit fast 54 Prozent Plus den Vogel abschoss, den vermutlich kaum jemand als Top-Wert auf dem (Kurs)Zettel gehabt hatte. Umgekehrt verblüffte mit Vonovia eine Immobilienaktie, die um 45 Prozent absoff. Hinter beiden Entwicklungen steckt natürlich die Zinswende, die in dieser Stärke wohl niemand vorausgeahnt hat. Nun ja, unverhofft kommt gerade an der Börse halt oft.
Beim von der Marktkapitalisierung der Papiere unterhalb des DAX angesiedelten MDAX sieht die Bilanz noch etwas trüber aus: der Index sank übers Jahr um gut fünf Prozent. Und nur 19 der 50 enthaltenen Werte schafften ein Plus. Die berüchtigte rote Laterne trug auch hier ein Immobilienwert: Aroundtown mit atemberaubenden 78 Prozent Abschlag.
Gerade noch einen Euro kostet das Papierchen heute. Irre mal wieder die Analysten: acht große Häuser haben dieses Jahr entdeckt, dass die Aktie fallen könnte, zuletzt Goldman Sachs am 26. April mit einem von 2,20 auf 1,30 reduzierten Kursziel und dem Rat „Neutral“. Nur mal so zur Erinnerung: im Februar 2020 hatte der Titel mehrfach fast neun Euro gekostet. Damals hob das Analysehaus Jefferies am 6. Februar sein Kursziel für Aroundtown von 8,50 auf 10 Euro an und empfahl den Kauf. Der Kollege von der US-Bank JPMorgan sah am 21. Februar 2020 ein Kursziel von 9,70 Euro. Nach der Übernahme des Wettbewerbers TLG sei eine Aufnahme von Aroundtown in den DAX nun weitaus wahrscheinlicher schrieb Analyst Tim Leckie als Begründung.
Auch die zuvor verwöhnten Fans der Wall Street hatten über Jahr kein sonderlich leichtes Leben. Der immerhin 500 verschiedene Papiere umfassende S&P 500 legte per Freitag im Jahresvergleich nur 2,5 Prozent zu. Klingt noch halbwegs beruhigend für die Liebhaber der Wall Street. Aber von diesen Titeln stiegen nur 185 oder 37 Prozent. Die restlichen 305 Aktien machten Miese.
(Quelle: finanzen.net, https://www.finanzen.net/index/s&p_500 )
Auch der Dollar half diesmal mit einem Minus von gut vier Prozent nicht mit, sondern brachte den Aktiengewinn währungsbereinigt sogar leicht in die Verlustzone. Da kommen allerdings dann noch mal ein paar Dividenden hinzu, so dass die US-Fans mit einem Winzgewinn doch noch einigermaßen davongekommen sind. Aber wichtig: wie gezeigt musste man als Freund von Einzelaktien auch die richtige Auswahl treffen.
Zu den beiden deutschen Immobilienaktien passend die neuesten Zahlen des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken (vdp). Die messen nicht irgendwelche verstreuten Preisangaben, sondern fassen konkrete Transaktionen ihrer Mitgliedsinstitute zu einem tief gestaffelten Immobilienpreisindex zusammen. Und der signalisiert jetzt bis zum 1. Quartal 2023 klar eine Wende. Erstmals seit über einem Jahrzehnt, genau genommen seit dem 1. Quartal 2010, gingen die Preise für Wohnimmobilien im Jahresvergleich zurück. Nachdem sie im 3. Quartal letzten Jahres ihr All-time-high erreicht hatten.
Böse Kunde für die börsennotierten Wohnungsbesitzer wie die oben genannten Vonovia oder Aroundtown. Denn sie hatten – wie nach den Bilanzregeln von IFRS vom Grundsatz her vorgeschrieben – den Wert ihrer Wohneinheiten fleißig nach oben geschrieben. Daher stammte ein großer Teil ihrer Gewinne. Wenn das jetzt in die andere Richtung geht, also statt Zuschreibungen gar Wertminderungen drohen, ist ein Gewinnausweis – na sagen wir mal – unbestimmt.
Und diesmal wackeln die Preise auch in den schwer angesagten und damit bisher immer teureren deutschen Top-Metropolen wie Berlin, Hamburg und & Co. Die höheren Zinsen lassen da grüßen.
Stellvertretend für die schicken Lagen mal Hamburg. An Elbe und Alster waren die Preise für Wohnimmobilien von Mitte 2003 bis Mitte 2022 um satte 240 Prozent nach oben gelaufen. Das waren über diesen langen Zeitraum hinweg immerhin im Schnitt jährlich 6,7 Prozent. Da eilte das Wohnen in den eigenen vier Wänden der Einkommensentwicklung vieler Einwohner erkennbar voraus. Nun sind die Preise seit dem Top im 3. Quartal 2022 um vier Prozent gesunken. Die Kurve zeigt auf den ersten Blick: das ist angesichts der Zeit zuvor nur eine überschaubare Erleichterung für Käufer. Aber muss ja noch nicht das Ende sein.
Zum Schluss noch ein Überblick, wenn Sie selbst Wohnraum wie Eigentumswohnungen oder ein Häuschen im Grünen besitzen. Da können Sie sich in eine der Gruppen einordnen und schauen wie Ihre Eigentum im Preis gestiegen ist.
Einen schönen Wochenstart wünsche ich und morgen kommt die letzte Mail vor meinem zweiwöchigen Urlaub auf Malle. Aber dazu morgen dann noch der Neustarttermin.